Hand mit Handschuhe nimmt Blutprobe aus einem Set mit Blutproben
angellodeco – stock.adobe.com
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Seltene Erkrankung

Hoffnung im Kampf gegen seltene Blutkrankheit

Die Diamond-Blackfan-Anämie ist eine seltene Krankheit. Etwa fünf von einer Million Neugeborenen sind von der Blutarmut betroffen. Einer österreichischen Familie ist es gelungen, die Erforschung der Krankheit über ein spendenfinanziertes Projekt anzustoßen – nun gibt es erste Hinweise auf eine mögliche Therapie.

Das vergangene Jahr war für viele Forschungsinstitutionen herausfordernd: Labors mussten am Beginn der Pandemie schließen, der Fokus verlagerte sich gerade im Bereich der molekularbiologischen Forschung fast gänzlich auf das Sars-Coronavirus-2. Betroffen war auch ein Forschungsprojekt des Instituts für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschafte (IMBA) und der Medizinischen Universität Wien: Im Mittelpunkt steht eine seltene Bluterkrankung, die Diamond-Blackfan-Anämie, an der etwa in Wien nur zehn Kinder leiden.

Neuer Ansatz bei Stammzellen

Zwei davon sind Josefine und Luis, deren Elteren das spendenfinanzierte Projekt initiiert haben. Mittlerweile konnte die Forschung wieder aufgenommen werden und nun liegen erste, vielversprechende Ergebnisse vor. Grund dafür ist auch ein neuer Ansatz: Anstatt mit induzierten pluripotenten Stammzellen (IPS-Zellen) zu arbeiten, konzentriert sich der Molekularbiologe Devon Germain von den Max Perutz Laboratories der Meduni Wien auf primäre Stammzellen. Diese Stammzellen werden nicht mehr im Labor aus rückprogrammierten Körperzellen erzeugt, sondern direkt aus dem Blut der betroffenen Kinder gewonnen.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 6.7., 13:55 Uhr.

„So sind wir schneller, die Methode ist auch günstiger und weniger arbeitsintensiv“, erklärt Germain. Während der Forscher zuvor bis zu 25 Stunden in der Woche auf die Programmierung und Pflege der IPS-Zellen aufwenden musste, sind es bei den primären Stammzellen nur mehr wenige Stunden. Diese im Blut vorhandenen Zellen werden fluoreszenzmarkiert und herausgefiltert.

Therapie und verbesserte Diagnose

Anhand der Stammzellen untersucht Germain, warum im Knochenmark der Kinder keine funktionierenden roten Blutkörperchen entwickelt werden. Dem dürfte ein unerwarteter Mechanismus zu Grunde liegen. Es handle sich um eine vollkommen neue Idee, wie die Erkrankung auf Zellebene funktioniere, sagt Germain. Davon ausgehend konnten einige therapeutische Wirkstoffe entwickelt werden, die an den Stammzellen der Kinder getestet werden und bereits positive Ergebnisse geliefert haben.

Sollten sich die ersten vielversprechenden Ergebnisse bestätigen, könne daraus nicht nur eine Therapie für die Blutkrankheit, sondern auch ein prognostischer Test entstehen, sagt Germain. Babys könnten dann im Rahmen des Neugeborenenscreenings auf die seltene Erkrankung getestet werden. Bis jetzt erfolgt die Diagnose fast immer Monate nach der Geburt, wenn sich der Zustand der Neugeborenen wegen der Blutarmut dramatisch verschlechtert hat und die Sauerstoffversorgung lebensbedrohliche Ausmaße angenommen hat.

Stellenwert der Forschung heben

Die Hoffnung der Eltern und der Forschenden ist, durch das spendenfinanzierte Projekt eine Therapie für DBA-Betroffene zu entwickeln. Bis jetzt sind die Erkrankten von regelmäßigen Bluttransfusionen abhängig. Im Fall von Josefine und Luis muss die alle drei bis vier Wochen im St. Anna Kinderspital in Wien erfolgen. Ein Prozedere, dass durch die Pandemie herausfordernder wurde, sagt der Vater der Kinder, Boris Marte. Die Gesundheitschecks der Kinder erfolgen seit Beginn der Pandemie zuhause durch mobile Teams. zunächst herrschte Verunsicherung, ob trotz des Locksdowns ausreichend Spenderblut zur Verfügung stehen werde.

„Glücklicherweise haben die Expertinnen und Experten des St. Anna Kinderspitals sofort einen Weg gefunden, die Betreuung lückenlos fortzusetzen“, so Boris Marte. Obwohl die Coronavirus-Pandemie die Forschung im vergangenen Jahr vorrangig beschäftigt habe, sieht Marte auch Positives: Die vergangenen Monate hätten gezeigt, wie wichtig Forschung im Bereich der Molekularbiologie und Biochemie für die Gesellschaft sei. Marte hofft, dass diese Forschungsbereiche zukünftig finanziell besser ausgestattet werden, um für zukünftige Herausforderungen gerüstet zu sein.