Teller mit Essen (Eier, Salat, Nudeln), davor ein Wecker und ein Maßband
TATIANA/stock.adobe.com
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Weniger essen effektiver als Intervallfasten

Mit Intervallfasten verliert man nicht mehr Gewicht oder Fett als mit einer kalorienreduzierten Ernährung. Das legt zumindest eine neue Studie nahe, bei der die Auswirkungen unterschiedlicher Diäten verglichen wurden. Lange Essenspausen hatten dabei auch keine anderen positiven Gesundheitseffekte.

In den vergangenen Jahren hat das Intervallfasten zunehmend an Popularität gewonnen, denn es soll nicht nur das Gewicht reduzieren, sondern auch gesundheitlichen Problemen vorbeugen und Entzündungen vermindern. Konkret geht es dabei darum, dass nur zu bestimmten Zeiten Nahrung aufgenommen wird und dazwischen lange Pausen liegen sollen. Ist Intervallfasten aber wirklich die beste Methode, ungewollte Kilos wieder loszuwerden? Dieser Frage ging ein internationales Forscherteam rund um den leitenden Studienautoren James Betts von der Universität von Bath nach. Die daraus resultierende Studie wurde im Fachjournal „Science Translational Medicine“ veröffentlicht.

Probanden fasteten drei Wochen lang

Im Rahmen der Studie wurden 36 Probandinnen und Probanden – alle von ihnen waren schlank und gesund – über einen Zeitraum von drei Wochen untersucht. Sie wurden in drei Gruppen zu je zwölf Personen eingeteilt und mussten unterschiedliche Diäten einhalten. Die erste Gruppe verfolgte eine eingeschränkte Intervallfastendiät. Das heißt, sie aßen jeden zweiten Tag und nahmen dabei 150 Prozent ihrer gewohnten täglichen Energiezufuhr zu sich. Die zweite Gruppe aß hingegen jeden Tag und nach ihrem gewohnten Stundenplan, die Energiezufuhr wurde jedoch um 25 Prozent reduziert. Gruppe drei unterzog sich einer Intervallfastendiät ohne Einschränkung, das heißt, die Probanden nahmen jeden zweiten Tag 200 Prozent der gewohnten täglichen Energiezufuhr zu sich. Während der dreiwöchigen Studienzeit wurde das Gewicht und Verhalten der untersuchten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die Verringerung von Körperfett, Stoffwechsel-Biomarker und die Aktivität von Genen in Fettzellen dokumentiert.

Keine Vorteile gefunden

Die Annahme des Forscherteams lautete, dass Intervallfasten stärkere Effekte auf die Probanden haben würde als eine normale Diät. „Diese Annahme wurde im Laufe der Studie aber nicht bestätigt“, erklärt der leitende Studienautor Betts, der auch Co-Direktor des Zentrums für Ernährung, Bewegung und Stoffwechsel an der Universität von Bath ist, gegenüber dem ORF.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell am 17.6. um 13:55

Nach Ablauf der dreiwöchigen Studienzeit verzeichnete nämlich die zweite Gruppe, also die Probanden, die nicht nach dem Intervallsystem fasteten, sondern nur ihre tägliche Energiezufuhr reduzierten, die größten Gewichts- und Fettverluste, mit einem durchschnittlichen Fettverlust von 1,57 Kilogramm. Die erste Gruppe der Intervallfaster verlor zwar auch an Gewicht – im Schnitt 0,74 kg – aber weniger effektiv an Fett. Die letzte Gruppe, die jeden zweiten Tag 200 Prozent der gewohnten Energiezufuhr zu sich nahm, zeigte keine signifikanten Gewichts- oder Fettverluste.

Neben den für die Studienautoren überraschenden Ergebnissen beim Gewichts- und Fettverlust konnten zwischen den drei untersuchten Gruppen auch keine wesentlichen Unterschiede in der kardiometabolischen Gesundheit, bestimmten Stoffwechselmolekülen oder der Genaktivität in den Fettzellen beobachtet werden. Sehr wohl kam es jedoch zu Veränderungen bei den physischen Aktivitäten. So reduzierte die Gruppe der Intervallfaster ihre üblichen sportlichen Aktivitäten während der Studienzeit.

Autophagie: Weitere Untersuchungen nötig

Das Intervallfasten hat in den letzten Jahren nicht zuletzt aufgrund des Prozesses der Autophagie immer mehr an Beliebtheit gewonnen. Dabei werden Zellreste und fehlgefaltete Proteine vom Körper selbst abgebaut und verwertet, wenn über längere Zeiträume auf Energiezufuhr verzichtet wird.

Ob diese Prozesse jedoch auch beim Menschen wirken, sei derzeit noch nicht eindeutig bewiesen, so Betts, der erklärt: „Die Autophagie ist auf jeden Fall faszinierend, jedoch wurde der Prozess bis jetzt erst bei Tieren nachgewiesen. Aus diesen Versuchen wissen wir, dass der Prozess mit den Zeiten der Energiezufuhr zusammenhängt, jedoch müssen wir aufpassen, nicht alle Ergebnisse aus Tierstudien direkt auf uns Menschen zu übertragen.“ So habe eine längere Pause zwischen Mahlzeiten bei Nagetieren, die ansonsten fast ständig dabei sind, Nahrung aufzunehmen, laut Betts wohl einen größeren Effekt auf die Tiere als auf Menschen, die sowieso oft längere Pausen zwischen der Nahrungsaufnahme einlegen.

Keine Ergebnisse zu langfristigen Effekten

Die Autoren räumen selbst ein, dass die Studie nur einen relativ kurzen Beobachtungszeitraum von drei Wochen umfasste. „Wir wollten den Probanden aber nicht länger zumuten, nur jeden zweiten Tag Nahrung zu sich nehmen zu dürfen“, erklärt Betts. Mögliche längerfristige Veränderungen für die Gesundheit oder auch das Gewicht der Teilnehmerinnen und Teilnehmer durch Intervallfasten könnten daher nicht ausgeschlossen werden.

Stefan Kabisch, Studienarzt in der Klinik für Endokrinologie und Stoffwechselmedizin am Deutschen Zentrum für Diabetesforschung, betont in einer Reaktion auf die Studie, dass die Dauer von drei Wochen ausreichend sei, um schnell veränderliche Stoffwechselvariablen zu untersuchen. „Allerdings sind Aussagen zur langfristigen Wirksamkeit, zu verzögerten Nebenwirkungen und zur Compliance unter Normalbedingungen in dieser kurzen Zeitspanne kaum möglich.“ Laut Kabisch würden die Ergebnisse der Studie aber frühere Untersuchungen untermauern, laut denen günstige Effekte des Intervallfastens auf den Stoffwechsel nur sehr begrenzt nachgewiesen wurden. „Zukünftige Studien müssen klären, ob zumindest für bestimmte Patientengruppen ein Nutzen beziehungsweise ein Vorteil gegenüber anderen Diätverfahren besteht. Wenn Intervallfasten überhaupt einen Nutzen beim Menschen hat, dann vermutlich nur bei insgesamt reduzierter Energiezufuhr“, so Kabisch.

Kritik an Auswahl der Probanden

Kabisch hält in seiner Reaktion auch fest, dass die Auswahl gesunder Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer für ihn nicht nachzuvollziehen sei. „Wenn man Stoffwechselverbesserungen und Gewichtsabnahme zeigen will, sind gesunde, normalgewichtige Personen die denkbar schlechteste Wahl. Diese Wahl ist nur sinnvoll bei Therapieverfahren, die man als besonders riskant einschätzt wie zum Beispiel bei Phase-1-Studien für neu entwickelte Medikamente“, so Kabisch. Der leitende Studienautor Betts erklärt hingegen: „In meinem Labor führen wir solche Experimente immer zuerst mit normalgewichtigen Personen und dann auch mit übergewichtigen Personen durch. In der aktuellen Studie wurden daher nur normalgewichtige Probanden untersucht, eine Studie zu den Effekten auf Personen mit Übergewicht wird aber noch folgen.“

Auch der deutsche Fasten-Experte Andreas Michalsen, Chefarzt des Immanuel-Krankenhauses in Berlin, übt Kritik an der Studie. Er merkt etwa an, dass die Autoren eine sehr extreme Form des Intervallfastens, nämlich das alternierende Fasten (Energiezufuhr nur an jedem zweiten Tag), untersucht haben. "Dies ist von allen Formen des intermittierenden Fastens derzeit die am kritischsten zu betrachtende Methode. Die meisten Wissenschaftler sind derzeit der Meinung, dass ‚time-restricted feeding‘ (TRF), also zeitlich begrenzte Nahrungsaufnahme, die bestwirksame Intervallfasten-Methode ist, da sie auf die chronobiologischen Rhythmen des Körpers Rücksicht nimmt. Ich halte es daher für wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Ergebnisse nicht auf TRF wie etwa 16:8 zu übertragen sind“, erklärt Michalsen in einer Reaktion auf die Studie.

Ernährung und Bewegung im Einklang

Welche Diät oder Art des Fastens Betts nach seinen Untersuchungen nun all denjenigen vorschlägt, die Gewicht verlieren und dabei gesund bleiben möchten? „Das hängt wirklich davon ab, was für das jeweilige Individuum am einfachsten umzusetzen ist. Auch die Studienteilnehmer, die nur jeden zweiten Tag gegessen haben, haben an Gewicht verloren, das heißt auch diese Option funktioniert. Sehr wichtig ist es aber zu betonen, dass Bewegung und Sport noch immer einen enorm großen Stellenwert haben, wenn es um ein gesundes Leben und die Reduktion des Gewichts geht“, so Betts abschließend.