Grüne Laubheuschrecke
APA/dpa/Felix KŠstle
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Heuschrecken

Jede Art hat ihr eigenes Zirpen

Ein lauer Abend, Sternenhimmel, zirpende Grillen: Was auch für Menschen romantisch klingt, dient tatsächlich der Partnersuche. Die Lockrufe männlicher Grillen und Laubheuschrecken sollen Weibchen anlocken. Wie Bioakustiker berichten, sorgen feine Unterschiede in der Klangproduktion dafür, dass es zu keinen Verwechslungen zwischen den Arten kommt.

Um Sexualpartner aus weiter Entfernung anzulocken, senden Grillen- und Laubheuschrecken-Männchen Werbegesänge aus. Dabei reiben die Insekten mit einer Reihe Zähnchen auf dem einen Flügel über eine harte Kante des anderen Flügels, ähnlich wie bei einem Waschbrett. Die erzeugte Vibration erklingt dann über die als Resonanzkörper fungierenden Flügel als Ton, erklärt Thorin Jonsson, Bioakustiker am Institut für Biologie der Karl-Franzens Universität in Graz. Er vergleicht die Flügel mit Miniatur-Lautsprechern.

Asymmetrische Flügel für hohe Tonlagen

„Grundsätzlich ist es natürlich von Vorteil, wenn beide Flügel als Lautsprecher verwendet werden können. Sind sie aber nicht exakt aufeinander abgestimmt, kann es gerade in hohen Tonlagen zur negativen Überlagerung der Schallwellen kommen“, so Jonsson. Das Signal wäre deutlich leiser und der Kraftakt des Musizierens nicht rentabel. Die Gefahr einer negativen Überlagerung ist laut Jonsson über etwa acht Kilohertz gegeben, weshalb Laubheuschrecken, die bis in den Ultraschallbereich zirpen, auf asymmetrische Flügel setzen.

Lediglich ein Flügel trägt als Resonanzkörper zur Lautbildung bei und es können auch höhere Töne problemlos angestimmt werden, wie Jonsson gemeinsam mit britischen Kollegen im Fachblatt “Frontiers in Ecology and Evolution“ beschreibt. Der tierische Minnesang von Laubheuschrecken, die in einem für das menschliche Gehör vernehmbaren Tonbereich zirpen, wie beispielsweise das Zwitscherheupferd, erinnert den Zoologen übrigens an ein metallisches Surren.

Zwei Lautsprecher für Grillen

Durch die hohen Töne hebt sich die Laubheuschrecke deutlich von Lockrufen anderer Insekten wie beispielsweise den Grillen ab, erklärt Jonsson: „Grillen produzieren relativ tiefe Töne, im Bereich von etwa fünf Kilobertz, da sind symmetrische Flügel vorteilhaft, denn sie wirken wie zwei Lautsprecher gleichzeitig.“ Somit singen Grillen damit auch lauter.

Links eine Mittelmeer-Feldgrille (Gryllus bimaculatus) beim Singen und rechts der linke und rechte Flügel eines Zwitscher-Heupferds (Tettigonia cantans).
Thorin Jonsson/Uni Graz
Links eine Mittelmeer-Feldgrille (Gryllus bimaculatus) beim Singen und rechts der linke und rechte Flügel eines Zwitscher-Heupferds (Tettigonia cantans).

Es sei sehr wichtig, dass sich die Arten in ihrer Kommunikation unterscheiden, um Verwechselungen in der Partnerwahl vorzubeugen. Kommt ein Weibchen schließlich aufgrund besonders attraktiv vorgetragener Rhythmen und einer schönen Tonlage beim Auserwählten an, berühren sich die Insekten mit ihren Antennen. „Dabei wird über chemische Botenstoffe die genetische Fitness tatsächlich abgetastet, die Weibchen entscheiden sich erst vor Ort, ob sich die Reise gelohnt hat oder nicht.“

Hausmauer als Verstärker

Um der eigenen Attraktivität nachzuhelfen, könnte es übrigens sein, dass sich Grillen örtlich vorteilhaft positionieren. In früheren Untersuchungen wurde klar, dass einige Grillen bevorzugt in Ecken von Häusern – also wo zwei Wände zusammenstoßen – sitzen. „Von dort aus ist das abgestrahlte Zirpen wesentlich lauter, die Grillen sind aus weiterer Entfernung zu hören als bei Rivalen, die einfach im Gras sitzen“, erklärt Jonsson.

Kleine Lautsprecher, große Wirkung

Schlussendlich interessiert den Biologen auch, was die natürlichen „Lautsprecher“ in bestimmten Frequenzen eigentlich so laut macht. Obwohl die Flügel eines Grillen-Männchens im Durchmesser lediglich etwa ein bis zwei Millimeter messen, hört man sie noch fünfzig Meter entfernt. „Das muss man erst mal schaffen mit einem herkömmlichen Lautsprecher“, gibt Jonsson zu bedenken. Er will zukünftig noch mehr über die Eigenschaften der Insektenflügel herausfinden, um Lautsprecher nachzubauen, die sich akustisch ähnlich oder im besten Fall genauso verhalten wie bei den Insekten.