Studien kümmern sich kaum um Geschlechterunterschiede

Das Coronavirus wirkt sich unterschiedlich auf Frauen und Männer aus, sie sollten deshalb auch unterschiedlich behandelt werden. Diese Geschlechterunterschiede werden in den meisten klinischen Studien aber nicht berücksichtigt, wie eine neue Analyse zeigt.

Ein Team um Sabine Oertelt-Prigione von der Universität Bielefeld untersuchte dafür fast 4.500 internationale Covid-19-Studien – zwei Drittel davon Interventionsstudien, bei denen Patienten und Patientinnen z.B. ein neues Medikament verabreicht wird, und ein Drittel Beobachtungsstudien, bei denen auf solch eine zusätzliche Behandlung verzichtet wird.

Nur vier Prozent all dieser Studien sahen ausdrücklich vor, Geschlechterunterschiede in ihre Analyse einzubeziehen. Studien mit dem Fokus auf Frauen untersuchten meistens, wie Covid-19 den Ausgang von Schwangerschaften beeinflusst.

Biologische und soziale Unterschiede

Die Forscherinnen und Forscher um Oertelt-Prigione kritisieren in ihrer Analyse den Mangel an geschlechtsspezifischen Studien. Denn mittlerweile sei klar, dass Männer häufiger von schweren CoV-Krankheitsverläufen betroffen sind und auch häufiger daran sterben. Woran das liegt, ist bisher nicht vollständig erforscht.

Ebenso gibt es einen Zusammenhang zwischen der sozialen Geschlechterrolle und der Wahrscheinlichkeit, sich mit dem Virus anzustecken. Dementsprechend steigt das Ansteckungsrisiko von Frauen, weil sie häufiger als Pflegekräfte tätig seien und in Berufen mit viel Kundenkontakt arbeiteten.

„Das zeigt: Gender und Geschlecht müssen in klinischen Studien und in der Gesundheitspolitik berücksichtigt werden“, so Sabine Oertelt-Prigione. „Wir sehen zunehmend, dass Frauen und Männer auf die Behandlung mit Medikamenten unterschiedlich reagieren. Wenn dieser Zusammenhang in Studien ignoriert wird, kann das langfristig zu ernsthaften, ungewollten Nebeneffekten führen.“