Laubbäume, Wald
APA/BARBARA GINDL
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Flora

Warum Wald gesund macht

Wald tut gut: Das merken die meisten Menschen von ganz allein, wenn sie dort einen Spaziergang machen. Auch im Gesundheitsbereich wird der Wald vermehrt eingesetzt – etwa in der Schmerz- und Suchttherapie. Die positive Wirkung von Bäumen auf den Menschen lässt sich auch messen.

Im Wald sinkt der Blutdruck, die Pulsraten werden geringer, und die Stresshormone nehmen ab. Ideal sei ein mindestens 20-minütiger Spaziergang, denn nach dieser Zeitspanne ist der Serotoninspiegel maximal angestiegen, so Peter Mayer, Leiter des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) in Wien.

Schon die Vorfreude wirkt

Um die Heilkraft des Waldes zu erforschen, gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des BFW in den Wald und messen, was im Körper passiert, wenn wir die Blätter rauschen hören, den Waldgeruch riechen und durchs Dickicht schreiten.

Eine überraschende Erkenntnis lautet: Man muss noch nicht einmal dort sein, um eine Wirkung zu sehen, erklärt Peter Mayer: „Schon die Vorfreude, in den Wald zu gehen, wirkt motivierend oder auch entschleunigend. Und auch kurze Waldbesuche – eine Viertelstunde zum Beispiel – haben schon einen Effekt.“

BFW-Leiter Peter Mayer
BFW
Peter Mayer im Wald

Auch Bilder vom Wald, die zum Beispiel in Krankenhäusern hängen, könnten sich positiv auf die Gesundung der Patienten auswirken. Ebenso hilfreich sei der Ausblick vom Krankenzimmer auf einen Wald. Steht kein Wald zur Verfügung, ist auch ein Park eine Alternative.

Verschiedene Wälder, verschiedene Wirkungen

Entschleunigung, Ruhe, gute Luft und positive Erinnerungen, beispielsweise an die Kindheit, machen Waldbesuch zu einem effektiven Kurzurlaub aus dem hektischen Alltag. Auch Angststörungen oder Depressionen kann er lindern. Doch nicht jeder Wald ist dafür gleich gut geeignet, erklärt Peter Mayer.

„Da ist ganz interessant, dass eher lichtere Wälder mit Freiflächen und Bächen gut auf uns wirken. In einem finsteren, dunklen Wald können dagegen Urängste des Menschen hochkommen. Wir Menschen bevorzugen meist, wenn es ein bisschen übersichtlich ist und wir eine angenehme Atmosphäre im Wald haben können.“

Das Bundesforschungszentrum für Wald betreibt verschiedene Pilotprojekte in ganz Österreich, in denen der Wald als Ort der sozialen Nachhaltigkeit erprobt wird. Etwa Schmerz- und Suchttherapie, einen Waldkindergarten und die Integration von Langzeitarbeitslosen durch Waldarbeit.

Wald in der Suchttherapie

In der Suchttherapie arbeitet man mit dem Anton Proksch Institut in Wien zusammen. Hier fanden über zwei Jahre hinweg Waldspaziergänge mit suchtkranken Menschen statt. Gerade Menschen mit Suchtproblemen haben verlernt, sich selbst zu spüren. Auf dem Waldspaziergang lernen Süchtige den Wald und sich selbst neu kennen, erklärt Dominik Mühlberger vom BFW: „Da ist meistens eine Abkoppelung von den eigenen Gefühlen, der eigenen Umgebung da, und einfach schon mit einem Spaziergang kann viel ‚angekoppelt‘ werden.“

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 2.8., 13:55 Uhr.

Studien weisen darauf hin, dass der Wald zu Bewegung anregt, dass er die Psyche positiv beeinflusst, den Stresspegel senkt, und den Parasympathicus, also unser Nervensystem beruhigt. Für suchtkranke Menschen gehe es im Wald auch darum, Kraft zu sammeln, um Rückfälle zu vermeiden, erklärt Dominik Mühlberger: „Der Fachterminus heißt ‚Coping Potential‘. Und es geht darum, den Wald als Erholungsraum, als ein mögliches Rückfallschutznetz zu sehen.“

Die Pilotstudie vom Bundesforschungszentrum für Wald und dem Anton Proksch Institut über den Wald in der Suchttherapie ist derzeit noch in Ausarbeitung.

Schmerzen im Wald lindern

Auch in der Schmerztherapie arbeitet das Bundesforschungszentrum für Wald mit einer Klinik zusammen. In Warmbad-Villach gibt es ein waldpädagogisches Angebot für Schmerzpatienten in der Rehabilitationsklinik.

Die Patientinnen und Patienten in der Schmerztherapie sind meist mehrere Wochen in der Klinik und dort eng in ein physio- und psychotherapeutisches Programm eingebunden. „Da wird der Wald als wirkliches Aussteigen aus diesem Stress oder diesem kontrollierten innerräumlichen Umfeld gesehen“, so Dominik Mühlberger. „Die Patienten gehen raus in einer kleinen Gruppe, machen einen Spaziergang – nicht länger als ein, zwei Kilometer – und schalten wirklich ab. Sie vergessen den Alltag um sich herum und befassen sich mit ihren Sinnen und ihrer Umwelt.“

In der Waldpädagogik ziehen die Therapeuten aber auch Analogien zwischen Mensch und Natur. „Ich kann mich bewusst dem Thema und der Erholung widmen und darauf hinweisen, dass auch ein Wald nach einem Kahlschlag oder nach Krankheit sich wieder erholen kann oder dass auch bei einem abgebrochenen Ast wieder Heilung passieren kann“, erklärt Mühlberger.

Das Waldtherapie-Angebot für Schmerzpatienten in der Reha Klinik Warmbach-Villach gibt es schon seit über fünf Jahren. Die Rückmeldungen der Patientinnen und Patienten fasst Dominik Mühlberger so zusammen: Der Wald schaffe eine positive Stimmung und die wiederum helfe, den schmerzvollen Alltag besser zu ertragen.