Frau in mittleren Jahren
missty – stock.adobe.com
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Wechseljahre

Welche Gene die Menopause beeinflussen

Das Ende der Fruchtbarkeit ist für viele Frauen ein gravierender Einschnitt. Spätestens rund um den 50. Geburtstag ist für die meisten Schluss. Ein internationales Forschungsteam hat nun 290 Gene identifiziert, die für den Zeitpunkt der Menopause ausschlaggebend sind. Davon könnten ältere Frauen mit Kinderwunsch eines Tages profitieren.

In den vergangenen 150 Jahren ist die Lebenserwartung in den westlichen Industrieländern enorm gestiegen, von durchschnittlich 45 auf 85 Jahre. Die Fruchtbarkeit endet bei den allermeisten Frauen hingegen noch immer mit ungefähr 50 Jahren. Schon zehn Jahre vor dieser sogenannten Menopause nimmt die Fortpflanzungsfähigkeit deutlich ab. In den 40ern ist die Wahrscheinlichkeit schwanger zu werden schon um einiges geringer als in den 20ern oder 30ern.

Viele Frauen wollen heute zuerst ihre Ausbildung abschließen und im Beruf Fuß fassen. Oft fehlt auch einfach der passende Partner. So verschiebt sich die Familienplanung weit nach hinten, und am Ende scheitert der Kinderwunsch schlicht an den biologischen Gegebenheiten. Auch bei einer künstlichen Befruchtung gehen die Erfolgsaussichten über 45 gegen Null. Und selbst mit eingefrorenen Eizellen seien die Chancen auf eine Schwangerschaft sehr gering, schreibt das internationale Team um John Perry von der University of Cambridge in seiner soeben im Fachmagazin „Nature“ erschienenen Studie. Wüsste man im Vorhinein, wann man mit der Menopause zu rechnen, könnte man das etwa bei der Lebensplanung berücksichtigen.

290 Gene identifiziert

Das war eine Motivation für das analytische Großprojekt, bei dem Forscherinnen und Forscher von mehr als 180 Institutionen weltweit zusammengearbeitet haben, um den Einfluss der Gene auf das Ende der weiblichen Fruchtbarkeit zu entschlüsseln. Verwendet wurden zuerst Daten von etwa 200.000 europäischen Frauen, deren Menopause zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr eingetreten ist. Überprüft wurden die Ergebnisse an weiteren großen Datensätzen, unter anderem auch von rund 80.000 asiatischen Frauen.

Ö1-Sendungshinweis

Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 5.8., 13:55 Uhr.

290 Gene konnten identifiziert werden, die im Zusammenhang mit der Alterung von Eizellen und Eierstöcken stehen. Natürlich hänge der Zeitpunkt der Menopause auch von anderen Faktoren ab, etwa der Umwelt und dem Lebensstil. „Aber mit den 290 Genen können wir gut zwölf Prozent der Varianz bei der Menopause erklären“, so Co-Autorin Anna Murray von der University of Exeter bei einer virtuellen Pressekonferenz zur Studie.

Zellreparatur und Krankheitsrisiko

Manche der Gene sind laut der Studie schon vor der Geburt aktiv, wenn das Reservoir von Hunderttausenden Eizellen angelegt wird. Eine deutlich wichtigere Rolle als bisher angenommen dürften genetische Reparaturmechanismen spielen, sie ermöglichen eine fehlerfreie Replikation von Zellen bzw. Eizellen, helfen aber auch bei der Reparatur von Zellschäden durch Umwelteinflüsse wie Rauchen. Die Aktivierung manche dieser Gene dürfte auch mit der Ernährung zusammenhängen. Das könne laut den Studienautorinnen und -autoren etwa erklären, warum der Nachwuchs übergewichtiger Mäuse weniger fruchtbar ist.

Die genetischen Analysen konnten zudem bestätigen, dass die Menopause gesundheitlich betrachtet Vor- und Nachteile haben kann. Das Risiko für Knochenbrüche und Diabetes Typ 2 steigt, das Risiko für einige hormonabhängige Krebsarten – dazu zählen etwa bestimmte Eierstock- und Brustkrebstumore – ist bei einer früheren Menopause dafür niedriger. Das habe vermutlich damit zu tun, dass betroffene Frauen über die Lebenszeit betrachtet den entsprechenden Hormonen weniger ausgesetzt sind.

Mäuse werden fruchtbarer

Ob man die Kenntnisse auch gezielt nutzen kann, testeten die Forscher dann am Mausmodell, indem sie zwei Gene, die mit Reparaturmechanismen zu tun haben, manipulierten: Eines schalteten sie aus, von dem zweiten erhielten die Mäuse eine zusätzliche Kopie. „So ist es uns gelungen, einerseits die reproduktive Lebenszeit um etwa ein Viertel zu verlängern und andererseits die Fruchtbarkeit – also die Anzahl der Eizellen – zu erhöhen“, erklärte Eva Hoffman von der Universität Kopenhagen bei der Pressekonferenz.

Das könnte die Grundlage neuer Therapien bilden, besonders im Zusammenhang mit künstlicher Befruchtung, betonte Hoffman. Denn bei den Tierversuchen habe man auch festgestellt, dass die manipulierten Tiere stärker auf Hormone reagieren: Mehr Eizellen wurden dadurch reif. „Genau das ist auch bei einer Fruchtbarkeitsbehandlung von Frauen das Ziel.“ Während einer solchen könnte man bestimmte molekulare Prozesse kurzfristig pharmazeutisch verändern. Natürlich seien davor noch einige wissenschaftliche und Sicherheitsfragen zu klären. „Wir würden es natürlich vorziehen, im Vorhinein zu wissen, welche Frauen früher in die Menopause kommen“, so Hoffman.

Das schreibt auch Krina Zondervan von der University of Oxford in einem begleitenden Kommentar zur Studie: „Vorherzusehen, wann die Menopause einsetzt, verschafft Frauen und ihren Partnern mehr Flexibilität bei der Kinderplanung.“ Sollte es in Zukunft auch eine Behandlung geben, die die Menopause verzögert, gelte es Nutzen und Risiken – wie etwa für bestimmte Krebsarten – genau abzuwägen, ähnlich wie das heute schon bei einer Hormonersatztherapie der Fall ist.