Am Institut für Biophysik an der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien analysiert Notburga Gierlinger im Rahmen eines hochdotierten „Consolidator“-Förderpreises des European Research Council (ERC) Nussschalen auf der Mikro- und Nano-Ebene. Die vor zwei Jahren im Fachmagazin „Advanced Science“ beschriebene Neuentdeckung der sogenannten „Sklerenchymzellen“ offenbarte, dass diese viele unregelmäßig geformte Lappen haben, die sich wiederum mit jenen der Nachbarzellen verzahnen. Jede einzelne Zelle kam so im Schnitt auf Verbindungen zu vierzehn Nachbarn, was die ungeheure Zähigkeit des Aufbaus erklärte.
Fest und formbar
So hält die Walnussschale höhere Zug- und Druckbelastung aus, als das etwa bei Macadamia oder Haselnüssen der Fall ist. Die nun im Vergleich zur Walnuss untersuchte fast zarte Ummantelung der Pistazie entpuppte sich ebenso als komplexes 3D-Puzzle mit „kugelgelenkartigen Verbindungen“. Dadurch „wird neben einer hohen Festigkeit auch eine bemerkenswerte Verformbarkeit erreicht“, so die Forscherin am Donnerstag in einer Aussendung der Uni. Dies liege vermutlich an einem anderen Neigungswinkel der Zellen in der Pistazienschale und an dem niedrigeren Gehalt am hart machenden „Holzstoff“ (Lignin), schreiben die Wissenschaftler in der nun im Fachblatt „Royal Society Open Science“ erschienenen Arbeit.
Die komplexen Feinstrukturen von Nussschalen könnten künftig zur Entwicklung sogenannter biomimetischer – also von der Natur inspirierten – Materialien etwa auf Basis von Schalenabfällen führen. Die Strukturen mit ihrer enormen Oberfläche auf engem Raum könnten bisher in Verwendung befindliche Fasern in manchen industriellen Anwendungen überflügeln, glauben die Wissenschaftler.