Künstlerische Darstellung von DNA
©ktsdesign – stock.adobe.com
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Erbgutanalyse

Wie Hepatitis B den Menschen begleitet hat

Hepatitis B macht den Menschen schon seit dem Ende der letzten Eiszeit zu schaffen. Ein internationales Forscherteam zeichnet nun anhand von Erbgutdaten aus den vergangenen 10.000 Jahren nach, wie sich das Virus entwickelt hat. Von den ursprünglichen Erregerstämmen überlebte kaum einer.

Laut Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lebten 2015 rund 257 Millionen Menschen mit dem Hepatitis B-Virus (HBV). Die Weltgesundheitsorganisation geht von nahezu einer Million Toten aus, die an dem über Körperflüssigkeiten übertragenen Erreger sterben.

Das Team unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Menschheitsgeschichte in Jena (Deutschland), dem auch der Anthropologe Kurt W. Alt von der Danube Private University (DPU) in Krems und Peter Ramsl vom Institut für Urgeschichte und Historische Archäologie der Uni Wien angehörten, trugen für ihre
im Fachjournal „Science“ erschienene Studie Überbleibsel des Virusgenoms aus Überresten von insgesamt 137 Menschen zusammen, die in Europa und Asien sowie in Amerika lebten. Datiert wurden die Funde auf ein Alter zwischen rund 10.500 und 400 Jahren.

Frühe Verbreitung

Momentan kursieren neun verschiedene Hepatitis B-Typen weltweit. Aufgrund ihrer neuen Analysen gehen die Wissenschaflter davon aus, dass der letzte gemeinsame Vorfahre all dieser Krankheitserreger zwischen 20.000 und 12.000 Jahren vor unserer Zeit existiert hat, wie es in der Arbeit heißt. Bereits in den ältesten nun untersuchten Überresten von europäischen und südamerikanischen Jägern und Sammlern fand sich Erbgut des Virus. Die Erkrankung dürfte also schon vor dem Zeitpunkt, als sich die späteren Besiedler Amerikas von jenen Eurasiens trennten, recht verbreitet gewesen sein.

Zwei der neun aktuellen Viren-Stämme finden sich großteils unter Angehörigen von indigenen Gruppen in Amerika. Laut der Studie dürften diese beiden am ehesten noch auf jenes ursprüngliche Virus zurückzuführen sein, das die ersten Besiedler der Neuen Welt mitbrachten, heißt es in einer Aussendung.

Schon bei Jägern und Sammlern

In Europa scheint Hepatitis B schon vor der aus dem Nahen Osten lancierten Ausbreitung der Landwirtschaft weit verbreitet gewesen zu sein. Als vor rund 7.000 bis 8.000 Jahren erste Ackerbauern den Kontinent besiedelten, brachten sie andere Erreger-Stämme mit. Diese jungsteinzeitlichen und bronzezeitlichen Virus-Linien wurden demnach ähnlich schnell so dominant in der Region wie ihre Träger. Die Erreger-Stämme hielten sich dort dann über nahezu 4.000 Jahre.

Das änderte sich auch nicht, als vor ungefähr 5.000 Jahren Neuankömmlinge aus Steppengebieten der heutigen Ukraine und Russlands in größerer Zahl nach Europa kamen, was sich in früheren Studien in Erbgutanalysen bereits eindeutig nachweisen ließ. Diese Menschen hatten zwar die heute als Jamnaja-Kultur bezeichnete Lebensweise im Gepäck, offenbar aber keinen Hepatitis B-Stamm, der sich im neuen Umfeld durchsetzte.

Virustyp verschwunden

Vor rund 3.500 Jahren verlor sich dann jedoch die Spur des so lange in Europa vorherrschenden Virustyps plötzlich. Das dürfte mit dem Zusammenbruch von wichtigen bronzezeitlichen Gesellschaften etwa im östlichen Mittelmeerraum in dieser Epoche zusammenhängen, vermuten die Wissenschaftler. Die dann auftretenden dominanten Stämme blieben dies bis heute.

Zur Überraschung der Forscher tauchte jedoch erst vor kurzem eine seltene neue Variante in Europa, Asien und Amerika auf, die viel mit jenem Virustyp zu tun hat, der eigentlich von 3.500 Jahren verschwand, heißt es in der Arbeit. Da sich dieser Genotyp als erstaunlich einheitlich präsentiert, scheint es sich um ein erneutes Aufkommen der Variante nach Jahrtausenden mit offenbar sehr geringer Verbreitung zu handeln. Diese überraschende Entwicklung dürfte mit dem Auftreten der HIV-Pandemie vor wenigen Jahrzehnten zusammenhängen. Wie das zu erklären ist, müsse aber erst näher erforscht werden.