SARS-CoV-2 unter dem Mikroskop
NIAID-RML
NIAID-RML

Omikron: Was man bisher weiß

Weltweit wächst die Sorge vor der neuen Coronavirus-Variante, die erstmals im südlichen Afrika aufgetreten ist. B.1.1.529 (Omikron) könnte deutlich leichter übertragbar sein und Impfstoffen leichter entwischen – noch sind viele Fragen offen. Hersteller Biontech begann bereits, eine mögliche Anpassung seines Impfstoffs zu prüfen.

„Die Variante ist aus verschiedenen Gründen bemerkenswert. Zum einen unterscheidet sie sich an vielen Stellen im Spike-Protein von den ursprünglichen Varianten und kombiniert viele Mutationen, die wir aus anderen besorgniserregenden Varianten kennen“, sagt Richard Neher, Leiter der Forschungsgruppe Evolution von Viren und Bakterien an der Universität Basel. „Viele dieser Veränderungen fallen in Regionen, an die Antikörper binden, und in die Rezeptorbindungsstelle. Es ist also durchaus vorstellbar, dass die Variante sowohl sehr übertragbar ist als auch Teilen der Immunantwort entkommt.“

„Viele der wichtigsten Mutationen, die wir bei der Alpha-, Beta-, Gamma- und Delta-Variante gesehen haben, versammeln sich nun in einer einzigen Variante“, ergänzt der Molekularbiologe Andreas Bergthaler im Ö1-Mittagsjournal.

Ob diese Mutationen wirklich zu einer höheren Infektiosität beitragen, ist noch unklar. Nachweisen, da sind sich die Fachleute ziemlich sicher, wird sich auch B.1.1.529 mit den üblichen PCR-Tests lassen. Unbemerkt wird sich die nun Omikron genannte Variante also nicht ausbreiten können – bisher (Stand: 26.11., 14.30 Uhr) ist sie in Südafrika, Botsuana, Hongkong, Israel und Belgien nachgewiesen worden.

22 Nachweise in Südafrika, keine in Österreich

Das südafrikanische Institut für Ansteckende Krankheiten (NICD) teilte am Donnerstag mit, es seien in Südafrika 22 Fälle der neuen Variante nachgewiesen worden. Mit mehr Fällen sei im Zuge der laufenden Genomanalysen zu rechnen. „Obwohl die Datenlage noch beschränkt ist, machen unsere Experten mit allen Überwachungssystemen Überstunden, um die neue Variante und die damit möglicherweise verbundenen Implikationen zu verstehen.“

Sämtlichen Monitoringstellen in Österreich sind derzeit keine Fälle der neuen Variante bekannt. Das berichtete Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) am Freitag auf Twitter. Auch im Abwasser-Monitoring wurde sie bisher nicht nachgewiesen. Die EU-Kommission will Reisen aus dem südlichen Afrika in die EU unterdessen auf ein absolutes Minimum beschränken, Österreich untersagt Einreisen für diese Länder.

Biontech überprüft – und braucht zwei Wochen

„Wir können die Besorgnis von Experten nachvollziehen und haben unverzüglich Untersuchungen zur Variante B.1.1.529 eingeleitet“, sagte ein Biontech-Sprecher am Freitag. „Die Variante unterscheidet sich deutlich von bisher beobachteten Varianten, da sie zusätzliche Mutationen im Spike-Protein hat.“ In spätestens zwei Wochen seien weiterführende Daten aus den Labortests zu erwarten. „Diese Daten werden uns Aufschluss darüber geben, ob es sich bei B.1.1.529 um eine Escape-Variante handeln könnte, die eine Anpassung unseres Impfstoffs erforderlich macht, wenn sich diese Variante international ausbreitet.“

Biontech hat für einen solchen Fall nach eigenen Angaben schon vor Monaten mit seinem US-Partner Pfizer Vorbereitungen getroffen. Der mRNA-Impfstoff soll dann innerhalb von sechs Wochen angepasst werden. Erste Chargen des angepassten Impfstoffs könnten nach Angaben des Unternehmens innerhalb von 100 Tagen ausgeliefert werden.

Viele Mutationen „nicht gut“

Mit etwas Sorge, aber ohne Panik blickt der an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York tätige österreichische Forscher Florian Krammer auf die neue Variante. Derart viele Mutationen im Spike-Proteins seien „nicht gut“. Es könnte sich hier um eine Variante handeln, die erstmals eine Anpassung von Impfstoffen notwendig mache. Zur Einschätzung brauche es aber noch mehr Daten: „Es ist zu früh, da etwas zu sagen.“

Noch wisse man zu wenig darüber, ob der derart gestaltete Abkömmling des SARS-CoV-2-Erregers ähnlich infektiös oder sogar infektiöser ist als die aktuell dominante Delta-Variante, so Krammer. Allerdings sehe es danach aus, als hätte sie das Zeug dazu, einer aufgebauten Immunabwehr besser zu entkommen.

„Masken tragen und sich impfen lassen“

Südafrikas Gesundheitsminister Joe Phaahla betonte, die neue Variante bestätige die „Tatsache, dass dieser unsichtbare Feind sehr unvorhersehbar ist“. Er rief die Südafrikaner auf, Masken zu tragen, Abstand zu halten und sich insbesondere impfen zu lassen. „Wir haben auch das zusätzliche Mittel der Impfungen, das uns helfen wird, schwere Erkrankungen zu vermeiden, einschließlich dessen, dass wir in Klinik enden oder sogar dem Virus zum Opfer fallen“, sagte er.