Jemand hält eine Pckung Ivermectin in seiner Hand
AFP – LUIS ROBAYO
AFP – LUIS ROBAYO

Beispiel Peru: Ivermectin kein Covid-19-Mittel

Ein Blick auf ärmere Länder wie etwa Peru zeigt, wie gefährlich es sein kann, wenn Fake News dazu führen, dass Medikamente falsch eingenommen werden. Dort sind viele Menschen gestorben, weil sie auf das Medikament Ivermectin vertraut haben.

In ganz Südamerika ist Ivermectin ein oft eingesetztes und leicht erhältliches Medikament, unter anderem gegen Parasiten. Während der ersten Coronawelle 2020 seien jedoch Fake-Studien im Umlauf gewesen, denen zufolge Ivermectin auch gegen Covid-19 helfe, erzählt Patricia Garcia von der Cayetano Heredia Universität für öffentliche Gesundheit in Lima. Bis 2017 war sie Gesundheitsministerin in Peru.

Regierungsempfehlung suggeriert Sicherheit

Die medizinische Versorgung von Coronavirus-Patienten in Peru war und ist sehr schlecht, die Krankenhäuser sind schnell überfüllt. Zudem leben in Peru oftmals viele Menschen gemeinsam auf engstem Raum. Die Angst, sich anzustecken und der Krankheit schutzlos ausgeliefert zu sein, war in der Bevölkerung groß, erinnert sich Patricia Garcia. Im Frühling 2020 hat die peruanische Regierung Ivermectin als Medikament und auch als Vorbeugung gegen das Coronavirus empfohlen – ohne wissenschaftliche Absicherung.

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Dem Thema widmet sich auch ein Beitrag in Wissen aktuell: 10.1., 13:55 Uhr.

“Viele Menschen haben das befolgt, sie haben sich das Medikament ohne Rezept besorgt und es einfach eingenommen. Sie haben sich damit in falscher Sicherheit gewogen – und das war fatal", so Garcia. Sie vermutet, dass die falsche Einnahme von Ivermectin mitverantwortlich für die vielen Todesfälle war. Im Juni 2020 hatte Peru die höchste Corona-Sterblichkeit weltweit.

Studien unglaubwürdig

Die soziale Absicherung sei für viele Menschen in Peru enorm schlecht. Nicht selten schlafen mehr als zehn Menschen in einem Raum. Das und der fehlende Impfstoff habe dazu geführt, dass die Menschen ihre Hoffnung in Ivermectin setzten, so Garcia. Und das, obwohl keine der kursierenden Studien zu Ivermectin wissenschaftlich haltbar sind. Einige davon hat etwa die BBC auf gravierende Fehler oder Mängel analysieren lassen.

In Peru arbeiten 70 Prozent der Menschen im informellen Sektor, so Patricia Garcia. Das heißt, sie müssen bei einem Lockdown das Haus verlassen, um auf der Straße Geld zu verdienen und sich Nahrung zu beschaffen. Die Polizei wiederum habe diese Menschen wegen der Lockdown-Übertretung verhaftet. In den engen Gefängnissen zirkulierte das Coronavirus dann umso mehr.

Weiterhin Mangel an Impfstoff

In Peru sind mittlerweile mehr als 63 Prozent der Menschen zweimal geimpft. Die Impfbereitschaft sei eigentlich sehr hoch, doch es sei immer noch zu wenig Impfstoff vorhanden, so Garcia. Sie ist Gründungsmitglied der Covid 19 Research Coalition. Die Initiative fördert die Zusammenarbeit von Fachleuten aus reichen und ärmeren Ländern. Ziel ist es, Forschunsgergebnisse, Daten und Erfahrungen auszutauschen und vor allem die Forschung zu Covid-19 in den ärmeren Ländern zu unterstützen. Denn dort fehlt es an Geld und an Ressourcen.

Mittlerweile hat die peruanische Regierung ihre Empfehlung für Ivermectin wieder zurückgenommen. Allerdings eher still und heimlich, so Patricia Garcia. Sie kritisiert, dass es keine Aufklärungskampagne gegeben hat, bei der den Menschen erklärt wurde, dass und warum Ivermectin nicht mehr empfohlen als Medikament gegen Corona wird. Bis heute gebe es in Peru Ärzte, die das Medikament einsetzten. International raten Wissenschaftler, Ärztinnen und auch die Herstellerfirma von der Einnahme des Medikaments Ivermectin gegen Corona ab.