Central Park in New York mit Bäumen und Wolkenkratzern im Hintergrund
APA/AFP/TIMOTHY A. CLARY
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Stadt

Grün und andere Farben entspannen

In grüner, mit Pflanzen und Bäumen versehener Umgebung fühlen sich die meisten Menschen in Städten wohler als in grauen Häuserschluchten. Wie sich das Grün und andere helle Farben auf die Gemütsverfassung auswirkt, haben französische Forscherinnen nun auf eine besondere Weise untersucht – mit Virtual-Reality-Brillen.

Graue Straßen und Häuser können den Stress der Bewohnerinnen und Bewohner einer Stadt steigern und das Wohlbefinden senken – das wurde bereits in zahlreichen Studien nachgewiesen. In der Natur kann man sich hingegen entspannen und die inneren Energiereserven wieder aufladen. Wenig überraschend ist es daher, dass in Städten bepflanzte und bunter Bereiche immer mehr an Bedeutung gewinnen.

Forschung in virtueller Umgebung

Wie nützlich derartige Umgebungen in der urbanen Raumplanung aber tatsächlich sind, sei im Alltag nur schwer zu überprüfen, meint die französische Psychologin Yvonne Delevoye von der Universität in Lille. „Das zu testen ist wirklich schwierig. Es gibt einfach zu viele andere Aspekte, die sich dabei auf das Befinden einer Person auswirken – zum Beispiel das Wetter oder die Sauberkeit der Straße", so Delevoye gegenüber science.ORF.at.

Sie hat daher zusammen mit französischen Kolleginnen und Kollegen nach einer Möglichkeit gesucht, die Effekte von Pflanzen und Farben in Städten so zu messen, dass andere Einflüsse dabei keine Rolle spielen. So entschied sich das Team, ihre Untersuchung virtuell durchzuführen und dafür eine VR-Brille (Virtual Reality) zu nutzen. Das Ergebnis ihrer Untersuchung präsentieren die Forscherinnen und Forscher aktuell im Fachjournal „Frontiers of Virtual Reality“.

Eine der VR-Umgebungen
A. Batistatou, F. Vandeville, and YN. Delevoye-Turrell
Eine der VR-Umgebungen

Virtueller Spaziergang

In Experimenten mussten die 36 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Studie eine VR-Brille aufsetzen und damit durch eine virtuelle Umgebung navigieren. „Dabei konnten wir alle Aspekte des Versuchs genau bestimmen und kontrollieren – etwa die Raumtemperatur oder den Bewegungsspielraum der Personen. Alle hatten also die gleichen Voraussetzungen“, so Delevoye.

Die Probanden mussten einen virtuellen Weg zurücklegen, der dem Universitätscampus in Lille nachempfunden war. Dabei hatten sie keine Zeitbeschränkung, nur den Auftrag, einmal virtuell die dortige Bibliothek zu umkreisen. In manchen Anläufen war die Umgebung sehr farbenfroh und bepflanzt, in anderen nicht.

Auch virtuelle Pflanzen steigern Wohlbefinden

Dabei zeigte sich, dass die Personen in den Versuchen mit vielen Pflanzen mehr Zeit für den Weg brauchten als in den unbepflanzten Umgebungen. Außerdem war ihr Puls danach meist niedriger, was laut Delevoye auf eine positive und angenehme Erfahrung schließen lässt. Sie schauten auch seltener nach unten auf den Weg, ihr Blick war eher nach oben und auf die Umgebung gerichtet.

Auch bei den Versuchen mit vielen bunten Mustern auf den Wegen und in der Umgebung brauchten die Probanden mehr Zeit. Anders als bei den bepflanzten Routen stieg dabei jedoch auch ihr Puls an. „Es scheint fast so, als ob die Farben die Personen sozusagen aufwecken und sie neugieriger und aufmerksamer auf ihre Umgebung machen“, erklärt Delevoye.

Eine der VR-Umgebungen
A. Batistatou, F. Vandeville, and YN. Delevoye-Turrell
Eine weitere VR-Umgebung

Kostengünstig und kontrollierbar

Besonders froh ist Delevoye, da die Forscherinnen und Forscher mit den virtuellen Experimenten vergleichbare Resultate erzielten, wie in früheren Studien in realen Umgebungen. „Das heißt, dass wir beweisen konnten, dass virtuelle Realität auch dazu beitragen kann, Dinge aus dem echten Leben zu erforschen.“ Mit zahlreichen Vorteilen, so die Psychologin, etwa die bis ins kleinste Detail kontrollierbaren Versuchsbedingungen.

Weitere Vorteile virtueller Realität in der Forschung seien die relativ geringen Kosten. Am Beispiel der aktuellen Studie erklärt Delevoye: „Stadtplanern könnte das etwa dabei helfen, geplante Maßnahmen zuerst virtuell zu testen, anstatt sie gleich mit großem Kostenaufwand in der Realität umzusetzen.“

Die Psychologin ist sich sicher, dass virtuelle Realität auch in vielen anderen Bereichen der Wissenschaft nützlich sein könnte und ihr Einsatz in der Forschung künftig weiter zunimmt.