Thiomargarita magnifica, Mangroven, Guadeloupe, Riesenbakterium
Jean-Marie Volland
Jean-Marie Volland
Mit freiem Auge sichtbar

Riesenbakterium entdeckt

In einem Sumpf in der Karibik haben Forscherinnen und Forscher ein Bakterium entdeckt, das mit dem freien Auge sichtbar ist. Das Riesenbakterium überrascht außerdem mit weiteren unerwarteten Eigenschaften.

„Thiomargarita magnifica“ – so heißt der neu entdeckte Organismus, den das internationale Forschungsteam auf den verwesenden Mangrovenblättern in tropischen Sümpfen in Guadeloupe, einer Inselgruppe der Französischen Antillen, fand: Die dünnen, weißen Fäden auf den Blättern entpuppten sich in der Petrischale als Bakterium. Normalerweise sind Bakterien nur unter einem Mikroskop sichtbar – dieses Exemplar erreicht allerdings eine Länge von einem Zentimeter.

„Es ist 5.000-mal größer als die meisten Bakterien“, sagt der Biologie Jean-Marie Volland, Wissenschaftler im Forschungslabor für komplexe Systeme (LRC) in Kalifornien und am Joint Genome Institute (JGI) des US-Energieministeriums. Das könne man sich in etwa so vorstellen, als würde ein Mensch auf einen anderen Menschen treffen, der so groß wie der Mount Everest ist. Auch im Vergleich zu vielen anderen bekannten Riesenbakterien ist „Thiomargarita magnifica“ etwa 50-mal größer und damit ein Riese.

Video über die Forschung zu „Thiomargarita magnifica“

Komplexe Membranenstruktur

Die komplexe Struktur des neu entdeckten Riesenbakteriums beschreiben Volland und seine Kolleginnen und Kollegen, darunter auch Forschende der Université des Antilles in Guadeloupe, in einer Studie, die im Fachjournal „Science“ veröffentlicht wurde. Denn die DNA von „Thiomargarita magnifica“ ist in membrangebundene Strukturen unterteilt. Das ist charakteristisch für komplexere Zellen. Bei Bakterien schwebt die DNA hingegen normalerweise frei in der Zelle.

Mangroven, Guadeloupe, Riesenbakterium Thiomargarita magnifica
Olivier Gros
In den Mangrovensümpfen von Guadeloupe wurde „Thiomargarita magnifica“ entdeckt

Eine „große Überraschung“ sei die Erkenntnis gewesen, dass sich die DNA, die über die gesamte Zelle verteilt ist, in einer Struktur befindet, die eine Membran hat, sagt Erstautor Volland. Für ein Bakterium sei das „sehr unerwartet“. Die nächste Überraschung: Innerhalb der einzelnen durch die Membran strukturierten Bereiche finden Stoffwechselprozesse statt, deren Aktivität sich über die gesamte Länge der Bakterienzelle erstreckt.

Diese „einzigartige räumliche Organisation“ deute auf einen Zuwachs an Komplexität hin, so die Studienautorinnen und -autoren. Und dieser habe es dem Riesenbakterium vermutlich auch ermöglicht, die für Bakterien üblichen Größenbeschränkungen zu überwinden. Die Entdeckung von „Thiomargarita magnifica“ könne zudem bedeuten, dass sich noch weitere große und komplexe Bakterien vor unser aller Augen verstecken.