ABD0018_20170522 – WIEN – …STERREICH: THEMENBILD – Eine Volksschullehrerin unterrichtet am Dienstag 16. Mai 2017 in Wien in einer Offenen Volksschule (OVS) SchŸlerinnen und SchŸler einer Integrationsklasse. – FOTO: APA/HARALD SCHNEIDER
APA/Harald Schneider
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Deutschlehrer-ApPell

„Politik soll Forschungsergebnisse umsetzen“

Eine große Tagung von Deutschlehrerinnen und Deutschlehrern ist am Samstag in Wien mit einem Appell an die Politik zu Ende gegangen: Forschungsergebnisse sollten von ihr endlich wahrgenommen und umgesetzt werden, der Spracherwerb etwa in der Regelklasse stattfinden und nicht in Deutschförderklassen.

Bei der Internationalen Tagung für Deutschlehrerinnen und Deutschlehrer hatten rund 2.800 Lehrende und Forschende aus 110 Ländern darüber diskutiert, welche Bedeutung das Lernen einer Fremd- oder Zweitsprache haben kann.

Die Konferenz endete heute mit „Wiener Thesen zur Sprachenpolitik“. Einige der Forderungen: Lehrkräfte bräuchten Zugang zu Weiterbildungsangeboten in der Sprachvermittlung, aktuelle Forschungsergebnisse sollten von der Politik wahrgenommen und umgesetzt werden, die Mehrsprachigkeit der Gesellschaft müsse von der Politik anerkannt und gefördert werden.

Türkisch als Fremdsprache in Schulen

Fast zwei Jahre arbeitete eine internationale Gruppe von Forschenden und Lehrenden des Faches Deutsch als Zweit- und Fremdsprache an diesem Appell, dazu zählt auch Hannes Schweiger vom Institut für Germanistik der Universität Wien. Zunächst müsse Sprachenpolitik als eigenständiges Politik- und Handlungsfeld anerkannt und dann entsprechende Maßnahmen umgesetzt werden. „In Österreich ist Türkisch zwar als Sprache in der Gesellschaft wichtig, und viele Menschen hier leben auch mit Türkisch als Erstsprache. Aber in der Schule wird es nicht als Fremdsprache unterrichtet“, so Schweiger.

Gleiches gelte für viele andere Sprachen. Hier Schulunterricht anzubieten, würde nicht nur dazu beitragen, die Mehrsprachigkeit in Österreich als gesellschaftlichen Wert anzuerkennen. Forschungsergebnisse zeigen seit Jahren, dass junge Menschen beim Erwerb der Zweitsprache Deutsch von Förderung in ihrer Erstsprache profitieren.

Mehr gegen Rassismus tun

Ein weiterer wichtiger Punkt sei die gesellschaftliche Teilhabe von Migrantinnen und Migranten, sagt Hannes Schweiger. „Ich kann noch so gut Deutsch beherrschen und über die deutsche Sprache verfügen, trotzdem stoße ich in der Gesellschaft, im Beruf und in der Bildung auf Barrieren und Hindernisse, etwa wenn ein Akzent hörbar ist.“

Es werde zu wenig gegen Rassismus in unserer Gesellschaft getan – Sprache dürfe nicht als Instrument der Diskriminierung genutzt werden, heißt es in dem Apell.

Mehr Ressourcen

Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die Forschung: Die Politik solle wissenschaftliche Erkenntnisse zu Spracherwerb und Sprachvermittlung stärker berücksichtigen. Ein Beispiel wären die Deutschförderklassen an Österreichs Schulen. Hier haben Studien gezeigt, dass der Deutscherwerb besser in der Regelklasse funktioniert als in abgesonderten Förderklassen.

„Wichtig aber dabei ist, wenn das erfolgreich sein soll, dass es auch entsprechende Ressourcen dafür gibt. Sprich, dass nicht nur eine Lehrkraft in der Klasse mit 25 Kindern und Jugendlichen steht, sondern dass es zumindest zwei sind und dass diese auch entsprechend gut ausgebildet sind.

Denn die Ausbildung von Deutschförderlehrkräften sei ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Sprachenlernens, so Schweiger. Es brauche also auch mehr Ressourcen für die Ausbildung der Lehrkräfte, so der Apell der internationalen Fachleute.