Ein totes Reh liegt nach der Kollision mit einem Auto am Stra§enrand der Landstraße
APA/dpa/Julian Stratenschulte
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Citizen-Science

App zählt im Straßenverkehr getötete Tiere

Der Straßenverkehr tötet sehr viele Tiere: Rehe und andere große Tiere werden gezählt, kleinere wie Igel oder Eichhörnchen üblicherweise nicht. Mit einer App für jedermann haben Fachleute das jedoch seit einigen Jahren getan – und nun Daten zum tierischen Blutzoll auf den Straßen vorgestellt.

Die mit der App “Roadkill“ zwischen 2014 und 2020 gesammelten Daten – 17.163 auf Straßen getötete Wirbeltiere – wurden nun im Fachjournal „Scientific Data“ veröffentlicht. Zudem wird die Bürgerbeteiligung ausgeweitet: Interessierte können in allen Projektphasen mitforschen – von der Ausarbeitung der Forschungsfragen bis zur Publikation.

Citizen-Science-Projekt

In Österreich gibt es offizielle Statistiken über im Straßenverkehr getötete Tiere nur zu jagdbarem Wild, also Rehe, Wildschweine, etc.. „Bei kleineren Säugern wie Igel oder Eichhörnchen oder Amphibien und Reptilien hat man keinen Überblick, welche Arten vom ‚Roadkill‘ betroffen sind, wo Tiere überfahren werden, ob es Hotspots gibt, usw.“, sagte Florian Heigl vom Institut für Zoologie der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien. Als einzelner Forscher könne man das nicht erfassen, erklärte der Ökologe die damalige Intention, die Bevölkerung bei der Erfassung im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts mit einzubeziehen.

Die App sei auf großes Interesse gestoßen, auch international. Die nun veröffentlichten Daten stammen von 912 Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus 44 Ländern, der Großteil davon aus Österreich. Auf deren Basis wurden sieben Publikationen in wissenschaftlichen Journalen veröffentlicht.

Beteiligung bei Forschungsfragen …

Seit dem Vorjahr liegt der geografische Fokus wieder auf Österreich. Zudem können interessierte Laien mit Hilfe einer Förderung des Wissenschaftsfonds FWF in jeder Phase des Projekts mitarbeiten. „Diese Möglichkeit des Mitforschens ist in Österreich noch immer sehr unbekannt“, betonte Heigl, der an der Boku speziell für Citizen Science angestellt ist und die Bürgerwissenschafts-Plattform „Österreich forscht“ betreut.

So kann man als angemeldeter Besucher auf der Projekt-Website Forschungsfragen einschicken. Einmal jährlich wird dann öffentlich darüber abgestimmt, welche dieser Fragen weiterverfolgt werden soll – derzeit ist das Projekt in dieser Phase. Aktuelle Vorschläge für Fragen sind etwa, ob in der Paarungszeit der jeweiligen Arten mehr Tiere überfahren werden, oder die wärmeren Temperaturen Auswirkungen auf „Roadkill“ haben. „Im Herbst werden wir dann veröffentlichen, welchen Forschungsfragen wir uns im nächsten Jahr widmen“, so Heigl.

… Auswertung und Publikation

Zudem kann jedermann und -frau auf der Website und der App mit den vorhandenen Daten selbst Analysen machen, etwa um die vorgeschlagene Forschungsfrage zu untermauern. So seien etwa statistische Auswertungen darüber möglich, welche Tierart wann im Laufe des Jahres gemeldet wird, oder man könne Arten miteinander vergleichen. Schließlich wollen die Forscher gemeinsam mit den interessierten Laien auch die Publikationen schreiben. „Wir erhoffen uns davon auch, neue Sichtweisen hereinzubekommen, weil die Teilnehmer andere Erfahrungen haben als wir Wissenschaftler“, so Heigl.

Weiters laden die Forscherinnen und Forscher dazu ein mitzuhelfen, die per App gemeldeten überfahrenen Tiere zu bestimmen und damit die Datenqualität zu erhöhen. „Oft ist es schwierig, allein auf Basis des eingesendeten Fotos eine Art zu bestimmen. Da draußen gibt so viele Spezialisten, die uns dabei helfen können, und etwa einen Vogel nur an einer Schwinge oder ein paar Federn erkennen“, sagte Heigl.