Mar Menor hinter einer Reihe von touristischen Häusern
JORGE GUERRERO – AFP
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Ökosystem

Spanische Lagune ist Rechtspersönlichkeit

Die Salzwasserlagune Mar Menor an der spanischen Mittelmeer-Küste ist seit Jahren durch Wirtschaft und Tourismus belastet. Umweltschützer feiern nun einen Erfolg: Die Lagune hat als erstes Ökosystem Europas eine eigene Rechtspersönlichkeit mit einklagbaren Rechten erhalten.

Das beschloss der Senat in Madrid mit großer Mehrheit, nachdem im April schon das Abgeordnetenhaus zugestimmt hatte. Nur die rechtspopulistische Partei Vox stimmte am Mittwoch wie schon im April dagegen.

Schutz als Ökosystem

Mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahren und der Veröffentlichung im Gesetzesblatt können Bürger und Bürgerinnen – auch wenn sie nicht selbst betroffen sind – die Justiz wegen einer vermuteten Verletzung von Rechten der größten Salzwasserlagune Europas anrufen. Dabei geht es um den Schutz der Lagune als Ökosystem. Ein Komitee aus sechs Vertretern und Vertreterinnen der Behörden und sieben der Gesellschaft soll den Schutz, den Erhalt und die Gesundung der Lagune überwachen.

Der Beschluss geht auf ein in der spanischen Verfassung verankertes Bürgerrecht auf Auslösung eines Gesetzgebungsverfahrens zurück. Dazu müssen mindestens 500.000 Unterschriften gesammelt werden. Für die Initiative hatten mehr als 640.000 Menschen unterschrieben.

Arbeiter versuchen das Ufer des Mar Menor zu säubern
JOSE MIGUEL FERNANDEZ – AFP
Arbeiter versuchen das Ufer des Mar Menor zu säubern

Vielfach gefährdet

Das flache Mar Menor (Kleineres Meer) wird seit Jahrzehnten vor allem durch intensive Landwirtschaft, aber auch Minenbetriebe und Tourismus gefährdet. Überdüngung fördert das Algenwachstum. Besonders bei Hitzewellen kann es durch Sauerstoffmangel zu einem Massensterben von Fischen und anderen Wassertieren kommen.

Während des ungewöhnlich heißen Sommers in Spanien und weiten Teilen Europas war die Wassertemperatur im Mar Menor im August auf mehr als 31 Grad gestiegen. Umweltschützer und Fischer holten in diesem Jahr mehr als 14.000 Tonnen Biomasse aus der Lagune.

“Revolution des Wirtschaftssystems“

Zuletzt war das Mar Menor im August 2021 umgekippt, als nach Tagen mit Lufttemperaturen von 40 Grad fünf Tonnen toter Tiere aus dem Wasser geholt wurden. 70.000 Menschen hatten daraufhin eine 73 Kilometer lange Menschenkette rund um die Lagune gebildet.

Der Umwelt eigene, einklagbare Rechte zuzuerkennen sei eine „Revolution, die dem derzeitigen Wirtschaftssystem, das den Planeten zerstört, Grenzen setzen wird“, sagte die Philosophieprofessorin der Universität Murcia, Teresa Vicente, im April.