Kranker Mann liegt im Bett und misst Fieber
APA/dpa/Andreas Gebert
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Studie

„Männerschnupfen“ gibt es nicht

Für manche gilt „Männerschnupfen“ als ernsthafte Erkrankung. Aber selbst ohne diese humoristische Zuspitzung glauben viele, dass Männer viel stärker unter Schnupfen leiden als Frauen. Eine neue Studie widerspricht: Männer haben keine schlimmeren Symptome als Frauen, Letztere erholen sich aber schneller.

„Ungeachtet der verbreiteten Anerkennung des ‚Männerschnupfens‘ in der allgemeinen Popkultur sind empirische Daten zu geschlechtsspezifischen Unterschieden rar“, schreiben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen um David Riedl von der Universitätsklinik für Psychiatrie II und Daniel Dejaco von der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Medizinischen Universität Innsbruck.

Für die nun im Fachjournal „Journal of Psychosomatic Research“ veröffentlichte Studie beobachtete das Team den Symptomverlauf von 113 Personen mit grippeähnlichen Symptomen innerhalb der ersten acht Tage nach der Infektion. 56 Prozent der Teilnehmer waren weiblich, das Durchschnittsalter der Gruppe lag bei 41 Jahren. Die Symptome wurden dabei sowohl subjektiv (Selbsteinschätzung der Patienten) als auch objektiv (Beurteilung durch einen Arzt) bewertet.

Die Studie ergab keinen signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschied zwischen Männern und Frauen bei den objektivierbaren Symptomen zu Beginn der Erkrankung wie verstopfter bzw. rinnender Nase, Kopfschmerzen, Schüttelfrost und Schlafmangel. Es zeigte sich aber eine signifikant schnellere Genesung der Frauen – sowohl bei der vom Arzt bewerteten als auch bei der von den Patienten und Patientinnen berichteten Schwere der Symptome.

Effektivere Abwehr

Als möglichen Grund dafür nennen die Forscher und Forscherinnen die Wechselwirkung von Sexualhormonen mit dem Immunsystem. So hätten frühere Studien gezeigt, dass Frauen besser Antikörper produzieren können, was die Immunaktivität und somit eine schnellere und effektivere Abwehr von Infektionen erhöhe.

Die Studienautoren verweisen zudem auf den vielfach bestätigten Umstand, dass Männer mit größerer Wahrscheinlichkeit gründlicher untersucht und behandelt werden als Frauen mit der gleichen Schwere der Symptome. So zeige eine bevölkerungsweite Studie in Dänemark aus dem Jahr 2019, dass fast drei von vier Krankheiten bei Frauen später diagnostiziert werden als bei Männern.

Als mögliche Einschränkung seiner Studienergebnisse nennt das Team eine mögliche geschlechtsspezifische Verzerrung, weil nicht erfasst wurde, ob ein Arzt oder eine Ärztin die Symptome erfasste und das einen Unterschied in deren Bewertung ausmachen könnte. Jedenfalls würden die Studiendaten „die Hypothese eines ‚Männerschnupfens‘ nicht stützen“.