Ausgetrocknete Zweige eines Baumes vor der Sonne
APA/Harald Schneider
APA/Harald Schneider

„Klimarechnungshof“ überprüft Klimapolitik

Die Auswirkungen der Klimaerwärmung sind real. Ein „Klimarechnungshof“, der die Wirksamkeit der Klimapolitik in Österreich überprüfen soll, ist bisher nur Fiktion. In einem neuen Forschungsprojekt wird die Idee nun getestet.

Das Projekt „Realfiktion Klimarechnungshof“ wird vom Wissenschaftsfonds FWF gefördert und steht unter der Leitung der Kulturwissenschafterin Alexa Färber von der Universität Wien. Um die Idee des Klimarechnungshofes nun in die Realität zu überführen und auch weitere Unterstützer zu finden, startete das Projektteam, dem auch die Wissenschaftsforscherin Milena Bister von der Universität Wien und der Wissenschaftskurator Alexander Martos angehören, die Kampagne „Klimarechnungshof.Jetzt! – Klimaschutz braucht Kontrolle!“. Den Auftakt zur Entwicklung eines fiktiven Gremiums macht eine öffentliche Versammlung am 24. April im Volkskundemuseum Wien.

Erste Ergebnisse Anfang Juni

„Unser Ziel ist es, dass die Idee eines Klimarechnungshofs von der österreichischen Politik ernst genommen wird und eine Institution geschaffen wird, staatliche Maßnahmen auf ihre Klimawirksamkeit zu kontrollieren“, so Färber. Man greife damit der wünschenswerten Umsetzung voraus und erprobe die bis dato wieder versandete Idee. Dringlichkeit ergebe sich auch daraus, „dass sich in der Politik nichts in Bezug auf geforderte Maßnahmen wie ein Klimaschutzgesetz und einen Rechnungshof tut“.

Im Zuge des Projektes, dem auch Vertreterinnen und Vertreter der Klima- und Nachhaltigkeitsforschung sowie von „Fridays For Future“, dem „Klimavolksbegehren“ und dem „Club of Rome“ angehören, soll zwischen April und Juni das Grundgerüst für das angestrebte Kontrollorgan erarbeitet und an drei Fällen von klimarelevanter Gesetzgebung bzw. -regulierung aus den Bereichen Energie, Mobilität und Landwirtschaft überprüft werden. Die Ergebnisse sind für Anfang Juni angekündigt.

“Wir tun so, als ob“

„Real ist, dass wir mit den Fakten über Klimawandel konfrontiert sind und versuchen, diese transdisziplinär zu begreifen. Das Fiktive ist, dass wir diese Institution eines Klimarechnungshofes erfinden“, so Färber über das „realfiktive“ Vorhaben: „Wir sind nicht die gesetzgebende Institution, die das kann, aber wir tun so als ob.“ Dabei bezieht das Team auch Experten aus der öffentlichen Verwaltung ein. Die Befugnisse eines künftigen Rechnungshofes, so die Forscherin, sollten aber nach Möglichkeit über das reine Überprüfen hinausgehen, sondern auch „verbindliche Verpflichtungen als Grundlage für das Prüfen“ einschließen.

Das Projekt stellt zugleich ein Experiment dar, ein neues „Format des Öffentlichkeitsmachens“ zu entwickeln und zu untersuchen, inwiefern das Herangehen künftig auf andere Fragestellungen angewendet werden kann. Das Engagement beim Klimathema begründet aber nicht nur wissenschaftliches Interesse: „Es ist als Wissenschaftlerin – ob mit naturwissenschaftlichem oder kulturwissenschaftlichem Hintergrund – absolut naheliegend, sich mit Klimawandel und Artenschutz als Themen, die brennen, zu beschäftigen. Wir werden täglich mit der jüngeren Generation konfrontiert, die dieses Anliegen selbstverständlich sehr existenziell vertritt.“ Diesen Dialog zu führen, gehöre zur täglichen Arbeit an einer Universität.

Zwischen Fakten und Polemik

Aktivismus für mehr Aufmerksamkeit steht Färber offen gegenüber: „Kaum etwas von dem, was ich bisher gesehen habe, geht für mich zu weit – auch angesichts dessen, wie wenig entschlussfreudig und vorausschauend die Politik aktuell handelt.“ Färber ist aber auch überzeugt, dass ihre Stärken in der Rolle der Wissenschaftlerin woanders liegen. Neben den wichtigen, aufsehenerregenden Aktionen „bin ich in meiner Rolle auch an nicht-polemischen Artikulierungen interessiert“. Das Interessante für sie sei, das Feld zwischen faktenorientierter Artikulation von Problemen auf der einen und Polemik auf der anderen Seite und entsprechende Notwendigkeiten für beides zu untersuchen.