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Casimiro – stock.adobe.com
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Medikament

Wirksamste Cholesterinsenker in Zukunft als Tablette

Seit Jahrzehnten schlucken weltweit Millionen Patientinnen und Patienten mit einem zu hohen Cholesterinspiegel Statine. Der aktuell wirksamste Cholesterinsenker, PCSK9-Inhibitoren, konnte bisher nur gespritzt werden – in Zukunft könnte es ihn auch in Tablettenform geben.

Das berichtete ein Team um den US-Kardiologen Christie Ballantyne vor Kurzem bei einer Konferenz und in einer Studie, die im „Journal des American College of Cardiology“ erschienen ist.

Drei Mengen getestet

Sie sollte zunächst dem Finden der optimalen Dosis des Wirkstoffes MK-0616 (Merck, Sharp und Dohme; MSD) dienen. In die Studie wurden 381 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit erhöhtem Herz-Kreislauf-Risiko aufgenommen. Sie erhielten entweder täglich sechs, zwölf, 18 oder 30 Milligramm der Substanz oder ein Placebo.

Nach acht Wochen zeigten sich signifikante hohe Unterschiede: Im Vergleich zu dem Scheinmedikament brachten schon sechs Milligramm MK-0616 eine Abnahme der LDL-Konzentration im Blut um 41,2 Prozent, mit zwölf Milligramm waren es minus 55,7 Prozent im Vergleich zu Placebo, bei 18 Milligramm täglich minus 59,1 Prozent und in der höchsten Dosis minus 60,9 Prozent.

Monoklonale Antikörper

PCSK9-Inhibitoren sind seit einigen Jahren die wirksamsten medikamentösen Cholesterinsenker. Es handelt sich um monoklonale Antikörper, die an das Protein PCSK9 binden und so die Aufnahme von LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Leber erhöhen. Dadurch sinkt der Anteil der Atherosklerose-fördernden LDL-Blutfette ab.

Ursprünglich wurden die Arzneimittel vor allem für die Behandlung der genetisch bedingen familiären Hypercholesterinämie entwickelt, bei der es zum Teil durch extrem hohe LDL-Werte schon im Kindesalter zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt etc. kommen kann. In solchen Fällen reichten die vorhandenen Arzneimittel oft nicht aus, um eine erforderliche LDL-Senkung zu erzielen. Manche Patientinnen und Patienten vertragen die Statine auch nicht, obwohl sie an sich nur selten Nebenwirkungen verursachen.

Große Studien fehlen noch

Der Nachteil der PCSK-Inhibitoren war bisher vor allem, dass sie regelmäßig, alle zwei oder vier Wochen, injiziert werden mussten. In Tabletten- oder Kapselform einnehmbare derartige Medikamente wären natürlich für die Patientinnen und Patienten ein großer Vorteil. Bis zu einer Zulassung eines solchen Arzneimittels dürfte es allerdings noch einige Zeit dauern.

Dafür sind groß angelegte Studien der Phase-III (Wirksamkeit und Verträglichkeit) notwendig. Auch mit einem PCSK9-Inhibitor in Tablettenform müsste belegt werden, dass durch die Einnahme die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen statistisch signifikant gesenkt wird.

Statine bleiben Mittel der Wahl

Somit dürften vorerst weiterhin die Statine die Hauptsäule der Behandlung von Patienten mit zu hohen Blutfettwerten bleiben. Sie gibt es seit Mitte der 1980er-Jahre. Es handelt sich bei ihnen um sogenannte HMG-CoA-Reduktase-Hemmer, die eine Verringerung der LDL-Werte in etwa um 30 bis 50 Prozent bringen können.

Ziemlich egal, welcher Wirkstoff aus dieser Gruppe verwendet wird (z.B. Pravastatin, Simvastatin, Atorvastatin, Rosuvastatin etc.), kann damit die Häufigkeit von Infarkt-Todesfällen um rund 40 Prozent, die Mortalität aus allen Ursachen um fast ein Drittel und die Rate von Herz-Kreislauf-Zwischenfällen ebenfalls statistisch signifikant reduziert werden. Das beruht offenbar vor allem auf der relativ starken Senkung der Konzentration von LDL-Cholesterin im Blut, eventuell auch auf einer antientzündlichen Wirkung.