Vogel, Schwarzkopfmeise
Mario – stock.adobe.com
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Kommunikation

Meisen legen Wert auf korrekte Grammatik

Schwarzkopfmeisen achten in ihrer Kommunikation mit Artgenossen auf den richtigen „Satzbau“ ihrer Rufe: Die in Nordamerika beheimateten Vögel können korrekte von falschen Notenfolgen unterscheiden und bevorzugen fehlerfreie Rufe, wie eine Studie mit österreichischer Beteiligung zeigt.

Marisa Hoeschele vom Institut für Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) führte mit ihren Kolleginnen und Kollegen von der University of Alberta in Kanada und 20 wild lebenden Schwarzkopfmeisen zwei Verhaltensexperimente durch. Dabei stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch individuelle Unterschiede in der Sprachbegabung der Vögel fest.

Die Singvogelart verfüge über eine berechenbare Satzstruktur, „die jener der menschlichen Sprache nicht unähnlich ist“, schreiben sie in der Studie, die im Fachjournal „Behavioural Processes“ veröffentlicht wurde.

„Mehrere hundert mögliche Kombinationen“

Bereits seit Längerem weiß man, dass bei den „Chick-a-Dee“-Rufen der Vögel, die zum Beispiel für Warnungen vor Feinden und zum Anlocken von Artgenossen angesichts einer Futterquelle verwendet werden, die Reihenfolge der vier verwendeten Noten immer gleich ist. „Note A kommt vor B, B kommt vor C, und C kommt vor D. Einzelne Noten können auch ausgelassen oder wiederholt werden, wodurch sich mehrere hundert mögliche Kombinationen bilden lassen, die sich alle an die grundsätzliche Reihenfolge halten“, so Hoeschele in einer Aussendung.

Durch diese einfache Grammatik lassen sich mit nur vier Noten verschiedene Botschaften an die Artgenossen senden. So weiß man aus früheren Studien, dass sich die Zusammensetzung des Rufes ändert, je nachdem, wie gefährlich ein Raubtier eingeschätzt wird: So haben bei Eulen und Falken, die eine höhere Bedrohung darstellen, die „Chick-a-Dee“-Rufe mehr D-Töne als bei weniger gefährlichen Feinden.

Auch Vorliebe für Stille

In einem Experiment konnten die Forscherinnen und Forscher nachweisen, dass die Schwarzkopfmeisen falschen „Satzbau“ auch tatsächlich als Kategorie erkennen. Dazu wurden den Vögeln drei verschiedene Sitzstangen angeboten: Eine mit einem Lautsprecher, der korrekte „Chick-a-Dee“-Rufe abspielte, eine mit Rufen mit falschem Satzbau und eine Stange mit Stille. „Wir konnten eine deutliche Präferenz für die korrekten Rufe feststellen. Das beweist, dass die Vögel tatsächlich Kategorien für richtige und falsche Notenfolgen kennen“, so Hoeschele.

„Interessanterweise“ zeigten die Vögel auch eine Vorliebe für Stille: „Es kann sein, dass es für die Tiere ein wenig unbefriedigend ist, diese Rufe zu hören, wenn sie nirgends hinkönnen und sie deshalb gerne die Sitzstange ohne Rufe wählten“, so Hoeschele.

Unterschiede in Sprachbegabung

In einem weiteren Experiment erhielten die Vögel Belohnungen in Form von Futter für Reaktionen auf korrekte „Chick-a-Dee“-Rufe bzw. auf solche mit falschem „Satzbau“. Das Forschungsteam fand hier individuelle Unterschiede in der Sprachbegabung: Individuen, die im ersten Experiment eine stärkere Präferenz für die korrekte Notenfolge zeigten, lernten schneller, auf die falschen Rufe zu reagieren. „Falsche Notenfolgen kommen bei Schwarzkopfmeisen eigentlich nicht vor, die Vögel halten sich von Natur aus immer an die korrekte Abfolge. Einige Individuen scheinen aber eine besondere Begabung für solche Sprachspiele zu haben“, so Hoeschele.

Weil die Schwarzkopfmeisen neben den „Chick-a-Dee“-Rufen noch eine Reihe anderer Rufe verwenden, die zum Teil noch komplizierter sind und deren Regeln bisher noch nicht untersucht wurden, ist derzeit noch unklar, wie komplex die Sprache der Vögel ist und welche Inhalte damit kommuniziert werden.