Der Reaktor von Erwin Reisner
Sarah Collins, University of Cambridge
Sarah Collins, University of Cambridge
Chemie

Treibstoff und Kosmetik aus CO2 und Plastikmüll

Es klingt nach einer Art eierlegenden Wollmilchsau gegen Treibhausgas-, Kraftstoff- und Plastikmüllkrise: Forscher haben einen solarbetriebenen Reaktor entwickelt, der CO2 aus der Luft in Treibstoff und Plastik in einen Grundstoff von Hautpflegeprodukten verwandelt.

Der chemische Reaktor eines Teams um Erwin Reisner von der University of Cambridge hat zwei Einheiten: Auf der einen Seite wird Luft durch eine alkalische Lösung „geblubbert“, wie die Forscher in einer Aussendung der Universität Cambridge schreiben. Die meisten Gase der Luft wie Stickstoff und Sauerstoff sprudeln ungehindert durch, CO2 wird davon aber gezielt eingefangen und in einer Lösung angereichert. Danach wird es in Synthesegas umgewandelt.

Plastik „spendet“ Elektronen

Dafür braucht es aber ein „Geschenk“ aus der anderen Einheit. Dort befindet sich Plastik, das dem CO2 Elektronen spendiert, berichtet Reisners Mitarbeiter Motiar Rahaman: „Das Plastik zerfällt dadurch zu Glykolsäure, die in der Kosmetikindustrie häufig verwendet wird.“ Für den Prozess braucht man keine weitere Energie als Sonnenlicht. „Dieses solarbetriebene System nimmt also zwei schädliche Abfallprodukte auf, nämlich Plastik und Kohlenstoffemissionen, und wandelt sie in etwas wirklich Nützliches um“, so die Wissenschaftler.

CO2 umwandeln statt einlagern

„Es gibt bereits eine massive Forschungstätigkeit zu Carbon Capture and Storage (CSS), wobei CO2 aus der Luft abgefangen und dann unter die Erde gepumpt und gespeichert wird“, erklärte Reisner der APA: „Das halte ich nicht für sinnvoll, da dies viel Energie benötigt und die Fortsetzung der Ölexploration rechtfertigt.“ Anstatt CO2 aus der Luft unterirdisch zu speichern, sollte man besser sauberen Kraftstoff daraus herstellen.

Das funktioniere nun erstmals auf direktem Weg. Als Reaktionspartner brauche man Kunststoff, und praktischerweise könne man dazu Plastikmüll verwenden, der im Prozess ebenfalls in eine wertvolle Chemikalie umgewandelt werde, sagt Reisner.

Der zweiteilige Reaktor bildet eine Weiterentwicklung von Reisners bisheriger Forschung zur nachhaltigen Herstellung von Synthesegas, indem es CO2 aktiv aus der Luft filtert und die Elektronen aus Plastik bezieht. Das Konzept wurde nun im Fachmagazin „Joule“ veröffentlicht. Das System funktioniert im Labor, aber bis es in industriellem Maßstab verwendet werden kann, brauche es noch die eine oder andere Verbesserung, so die Forscher.