Gepardin mit Jungem
APA/VIOLA JAGL
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Erbgut

Komplettgenom des Geparden vorgestellt

Der Lebensraum des als schnellstes Landtier geltenden Geparden ist vielerorts im Schrumpfen. Dazu kommt, dass die Tiere insgesamt sehr wenig genetische Vielfalt aufweisen. Aus diesem Grund braucht es mehr Wissen über das Erbgut der Katzen. Ein Wiener Forschungsteam hat nun das bisher kompletteste Referenzgenom vorgestellt.

Bis zu 105 km/h erreichen die Raubkatzen bekanntlich, derartige Sprints legen sie mittlerweile jedoch nur noch in zunehmend kleiner werdenden, voneinander getrennten Lebensräumen hin. Insgesamt wird die Art als „gefährdet“ eingestuft. Besonders schlecht steht es um die iranische und nordwestafrikanische Geparden-Unterart. Von den einst größeren asiatischen Populationen auf der arabischen Halbinsel und in Südostasien sind keine Vertreter mehr in freier Wildbahn übrig.

Vermutungen mancher Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, dass sich deren Vorfahren möglicherweise ursprünglich in Nordamerika entwickelt haben, und dann eine relativ kleine Gruppe über die Beringstraße den Weg nach Asien fand, haben sich nicht erhärtet. Das wäre eine mögliche Erklärung für die geringe Erbgut-Vielfalt gewesen. Heute geht man davon aus, dass sich die Geparden-Vorgänger vor rund vier Millionen Jahren in Afrika entwickelt haben.

“Genetischer Flaschenhals“

Wann und wo die Art durch einen „genetischen Flaschenhals“ musste, ist offen. Klar ist aber, dass ein so kleiner Genpool in der Regel ein Hemmschuh für die Anpassung an veränderte Lebensumstände ist. So ist davon auszugehen, dass sich genetisch verarmte Arten weniger gut erfolgreich gegen sich ständig verändernde Krankheitserreger wehren können, erklärte Sven Winter vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie (FIWI) der Veterinärmedizinische Universität Wien zu der nun im Fachblatt „Journal of Heredity“ erschienenen Studie.

Um über die Verwandtschaftsverhältnisse der heute lebenden Tiere mehr herauszufinden, machten sich Winter und sein Team an die Verbesserung der bisher vorliegenden Informationen zum Geparden-Genom. Die früher publizierten Datensätze wurden aus sehr kurzen DNA-Fragmenten zusammengesetzt. Das mache es „sehr schwierig bis unmöglich, bestimmte Bereiche des Genoms vollständig, korrekt und ohne Lücken zusammenzusetzen“, so Winter.

Das Wiener Team sequenzierte nun mit neueren Methoden das Erbgut des 14-jährigen Gepardenweibchens „Pintada“ aus dem Zoo in Lissabon. Die moderne Herangehensweise erlaubte nun die Berücksichtigung weit längerer, zusammenhängender DNA-Stücke. Dadurch lassen sich vor allem jene Erbgut-Teile besser abbilden, in denen sich die Abfolge der Basen über weite Strecken nahezu identisch wiederholen – sogenannte „Repeats“.

Rückschlüsse über Inzucht

Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen interessieren sich aber auch besonders für DNA-Bereiche, in denen mütterliche und väterliche Chromosomen identisch sind, erklärte Winter. Aus solchen „Runs of homozygosity“ (ROH) lassen sich Rückschlüsse über Inzucht in einer Population ziehen – ein Faktor, der bei Geparden von besonderer Relevanz ist.

Solche Regionen konnten die Wiener Forscher nun deutlich genauer dar- und für künftige Analysen zu Verfügung stellen. Anhand der kontinuierlich ablesbaren ROH lasse sich besser herausarbeiten, wie es um die genetische Vielfalt der gesamten Geparden-Population bestellt ist. Das hilft wiederum bei Maßnahmen zum Schutz der Art. Mit dem neuen Referenzgenom könne man überdies auch genauere Vergleiche mit anderen Vertretern aus der Gruppe der Katzenartigen anstellen.

Das Wiener Team will nun auch anhand von alten Proben der schnellen Tiere analysieren, wie sich das Genom über die Zeit entwickelt hat. „Darüber hinaus liegt unser Fokus auf den Immun-Genen des Geparden im Vergleich zu anderen Katzen“, sagte Winter. Gerade über diese Erbgut-Bereiche und deren Funktionen sei noch wenig bekannt. So ließe sich auch mehr darüber erfahren, ob und wie das kleine Genpool der Geparde ihre Anpassungsfähigkeit beeinflusst.