Lebensstil

Gefangenschaft macht Bären krank

Bären in Gefangenschaft leiden an denselben Erkrankungen wie Menschen mit ungesundem Lebensstil, berichten Forscherinnen und Forscher der Veterinärmedizinischen Universität (Vetmeduni) Wien. Schlechte Haltungsbedingungen bescheren den Tieren chronische Entzündungen, Verfallserscheinungen und Herz-Kreislauf-Probleme.

Die Studie wurde im Fachjournal „Scientific Reports“ veröffentlicht. Ein Team um die Wildtierärztin Johanna Painer-Gigler vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Wien verglich die Gesundheit von 42 asiatischen Schwarzbären (Ursus thibetanus), die aus vietnamesischen „Gallefarmen“ befreit worden waren, und deren freilaufenden Artgenossen. In diesen Farmen wird der Tieren durch Katheter regelmäßig Flüssigkeit aus der Gallenblase „abgemolken“.

Praktizierende der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) versuchen bei Menschen damit Augen- und Leberbeschwerden zu lindern. Die Gallenflüssigkeit enthält einen Wirkstoff namens Ursodeoxycholsäure. In der westlichen Medizin nutzt man diesen Wirkstoff ebenfalls, nämlich zum Auflösen kleiner Gallensteine und bei diversen Lebererkrankungen. Allerdings wird er hierfür von Pharmafirmen synthetisch hergestellt.

Bei allen Bären aus den Gallefarmen wurde eine Reihe von Erkrankungen diagnostiziert, so das Forschungsteam in einer Aussendung: Unter anderem chronische Entzündungen der Leber (wo die Galle produziert wird), die teils durch bakteriellen Befall verursacht oder gefördert wurden, teils „steril“ waren (also möglicherweise durch den Katheter ausgelöst).

„Anzeichen beschleunigter Alterung“

Die chronischen Entzündungen und schlechten Haltungsbedingungen brachten den Tieren vermehrt degenerative Krankheiten wie „fettleibige Sarkopenie“ (Abbau von Muskelmasse und -Kraft), chronische Nierenerkrankungen und beeinträchtigte Herz-Kreislauf-Funktion, schreiben sie: „Diese Störungen sind ein Anzeichen beschleunigter Alterung.“ Die wilden Artgenossen, die im Gegensatz zu den eingesperrten Tieren unter anderem auch Winterschlaf halten konnten, waren hingegen in der Regel gesund.

Bei den Gallefarm-Bären-Leiden gäbe es „deutliche Parallelen zu einer Reihe von Erkrankungen beim Menschen“, die man als Lebensstilkrankheiten zusammenfasst, so die Forscherinnen und Forscher: Dazu zählten neben Muskelschwund unter anderem Osteoporose (Knochenschwund), Arthrose (Gelenkverschleiß), Gefäßerkrankungen und chronische Nierenerkrankungen. Bei den Schwarzbären sind sie offensichtlich die Folgen schlechter Haltung und Winterschlafmangels, bei den Menschen von übermäßig fetter und süßer Ernährung sowie Bewegungsmangel.