Klimakrise erhöht Risiko für weltweit gleichzeitige Ernteausfälle

Ein Extremwetterereignis kann zu Ernteausfällen in einer Region führen. Doch mit der Erderwärmung steigt die Wahrscheinlichkeit, dass dies in mehreren Regionen gleichzeitig geschieht. Das zeigt eine aktuelle Studie, die Auswirkungen von ungünstigen Großwetterlagen in mehreren Weltregionen im Zeitraum 1960 bis 2014 analysiert hat.

„Gleichzeitige Ernteausfälle in wichtigen Anbauregionen stellen ein systemisches Risiko dar, da die damit verbundenen steigenden Nahrungsmittelpreise zu Konflikten und Unterernährung in Ländern führen können, die auf Importe angewiesen sind“, schreibt die Forschungsgruppe um Kai Kornhuber von der Columbia University in New York City im Fachmagazin „Nature Communications“. In ihrer Studie verweisen darauf, dass dieser Aspekt in gängigen Klimamodellen kaum berücksichtigt wird. Für ihre Analyse nahmen die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Feldfrüchte Weizen und Mais ins Visier. Jeweils etwa zwei Drittel der Weltproduktion stammt aus den Regionen Nordamerika, Westeuropa, Osteuropa, Indien und Ostasien.

Hoch- und Tiefdruckgebiete, die sich teilweise wochenlang kaum vom Fleck bewegen und deshalb Dürren oder extreme Niederschläge verursachen, entstehen auf der Nordhalbkugel meist durch bestimmte Konstellationen beim Jetstream. Der polare Jetstream ist ein Starkwindband, das sich in neun bis zwölf Kilometern Höhe an der Grenze zwischen subtropischer Warmluft und polarer Kaltluft um die Erde windet. Der Jetstream kann große Wellen, sogenannte Rossby-Wellen, ausbilden. Wenn diese nicht weiterwandern, sondern stehen bleiben, dann können sich Hoch- und Tiefdruckgebiete längere Zeit über einer Region halten. Für die Sommer der Nordhalbkugel sind Rossby-Wellen mit fünf und mit sieben Wellenbergen bekannt.

Bestimmte Wetterlagen

Kornhuber und sein Team suchten in historischen Daten (1960 bis 2014) nach Ereignissen, bei denen mehr als eine Kornkammer niedrige Erträge erzielte und die mit Rossby-Wellen zusammenhingen. Sie ermittelten anhand mehrerer Modelle, dass in der Vergangenheit bei Rossby-Wellen mit sieben Wellenbergen die Weizen- und Maisernte in Ostasien um bis zu sieben Prozent niedriger lag, in Nordamerika um sechs Prozent und in Osteuropa um drei Prozent. Bei Rossby-Wellen mit fünf Bergen waren es 3,7 Prozent weniger in Osteuropa und zwei Prozent weniger in Nordamerika.

Die Forscher untersuchten, wie wahrscheinlich das Auftreten von gleichzeitigen Ernteverluste in zwei der Kornkammern in der Vergangenheit war. Die Wahrscheinlichkeit war vor allem dann erhöht, wenn Nordamerika eine der betroffenen Regionen war. Bei den Modellsimulationen der künftigen Entwicklung (2045 bis 2099, bei sehr stark steigendem Kohlendioxidausstoß) steigt das Risiko von hohen Ernteverlusten besonders, wenn bei Sieben-Berge-Rossby-Wellen Nordamerika und Ostasien betroffen sind. Bei Fünf-Berge-Rossby-Wellen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für hohe Ernteverluste, wenn einerseits Nordamerika und Osteuropa sowie andererseits Indien und Westeuropa betroffen sind.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat im vergangenen Jahr gezeigt, wie schwierig die Lage auf dem Weltmarkt wird, wenn zwei der großen Getreidelieferanten kriegsbedingt kein Getreide mehr ausführen. Im Zuge des Klimawandels könnte es durch wetterbedingte Ernteausfälle zu noch gravierenderen Situationen kommen. Die Studienautoren plädieren daher für mehr Forschung in dem Bereich.