Schwein
krumanop/stock.adobe.com
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Verhaltensforschung

Schweine sind sehr hilfsbereit

Schweine sind laut einer neuen Studie sehr hilfsbereit – sie machen etwa einem ausgeschlossenen Artgenossen die Türe auf. Gestresstes Quieken des weggesperrten Gruppenmitglieds steigert seine Befreiungschancen zusätzlich, berichtet ein Forschungsteam.

Die Tiere helfen anderen also gezielt, schreiben die Fachleute im Fachmagazin „Proceedings of the Royal Society B“ (Preprint). Sie machen das selbstlos oder aus Eigennutz, um Sozialkontakt mit dem abhandengekommenen Schwein pflegen zu können.

75 deutsche Hausschweine untersucht

Ein Team um Liza Moscovice vom Forschungsinstitut für Nutztierbiologie in Dummersdorf (Deutschland) testete die Hilfsbereitschaft von 75 „Deutsche Landrasse“ Hausschweinen (Sus scrofa domesticus) gegenüber ihnen wohlbekannten Artgenossen. An der Studie war auch Jean-Loup Rault vom Institut für Tierschutzwissenschaften und Tierhaltung der Veterinärmedizinischen Universität Wien beteiligt.

Die Forscherinnen und Forscher sperrten jeweils ein Tier in eine Kammer, deren Türe von innen nicht zu öffnen war. Auf der anderen Seite, bei seinen Sozialgenossen, befand sich jedoch eine Klinke, die sie aufdrücken konnten. Die Schweine taten dies meist innerhalb von kurzer Zeit: Von den 75 Tieren (jedes war einmal weggesperrt) wurden 64 innerhalb der Versuchsdauer pro Tier von 20 Minuten von den Artgenossen befreit.

In durchschnittlich zwei Minuten und zwölf Sekunden waren sie wieder mit der Gruppe vereint. Tendenziell passierte dies schneller und mehr als doppelt so häufig, wenn das ausgeschlossene Schwein Zeichen von Stress zeigte, also quiekte, schrie oder (hilflose) Öffnungsversuche unternahm.

Empathie oder Egoismus?

Laut Moscovice besteht der Vorteil im Vergleich zu früheren Arbeiten darin, dass die Tests in der für die Tiere gewohnten Atmosphäre stattfanden und die Schweine viele Optionen für andere Verhaltensweisen gehabt hätten.

Gegen Empathie als Motivation spricht, dass sich das erhöhte Stresslevel der eingesperrten Tiere anscheinend nicht auf die helfenden Tiere übertragen hat. Das legen Messungen des Stresshormons Cortisol bei den Tieren nahe. Dieses Phänomen soll nach Aussage Moscovices weiter erforscht werden. Bisher könnten auch andere, egoistischere Beweggründe nicht ausgeschlossen werden, etwa die Reaktion auf bestimmte Reize.

Haben gerne Kontrolle über Umwelt

Moscovice hält es für wichtig, das Bewusstsein für das Sozialverhalten und die kognitiven Fähigkeiten von Nutztieren zu stärken. Dies würde oftmals unterschätzt. „Diese Forschung unterstreicht wirklich, dass Schweine in ihrem sozialen Gefüge bleiben wollen. Und es ist stressig für sie, getrennt zu werden, auch bei kurzen Trennungen.“

Dies sollte in der Haltung berücksichtigt werden. Außerdem werde deutlich, dass Schweine sehr neugierig seien und gern Kontrolle über ihre Umwelt hätten. Auch das könne man gegebenenfalls in Haltungen berücksichtigen. So könne man den Tieren beispielsweise verschiedene Optionen geben, wenn es darum gehe, sie von einem Areal zu einem anderen zu bekommen. Türen öffnen könnten sie schließlich.