Probenentnahme am Lungenquerschnitt eines an Covid-19 verstorbenen Menschen und die typischen Veränderungen durch Corona.
APA/DPA/CHRISTIAN CHARISIUS
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Sichere Autopsien in Pandemiezeiten

Während der Coronavirus-Pandemie ist Sicherheit in den Krankenhäusern zentral gewesen – auch in den Pathologieabteilungen, wo Gewebeproben untersucht wurden. Um das Infektionsrisiko zu minimieren, entwickelten Linzer Forscherinnen und Forscher einen sicheren Weg für Autopsien.

„Minimal-invasive Autopsien (MIAs) erlauben das Sammeln von Gewebeproben für Diagnostik und Wissenschaft in speziellen Situationen, zum Beispiel bei einem hohen Infektionsrisiko wie im Zusammenhang mit Covid-19 oder bei Beschränkungen aus juridischen oder persönlichen Gründen“, berichten Rupert Langer vom Institut für Pathologie der Kepler Universität und sein Team in einer Studie. Die wissenschaftliche Arbeit ist jetzt in „Virchows Archive“, einer Veröffentlichung der Europäischen Gesellschaft für Pathologie, herausgekommen.

Minimal-invasives Sammeln von Gewebeproben

Der Hintergrund, wie ihn die Fachleute schildern: Im Rahmen von Covid-19 gab es zunächst nur kleine Autopsieserien von Verstorbenen, wodurch das Wissen zu den typischen Gewebeveränderungen im Rahmen schwerer und schwerster Erkrankungen durch SARS-CoV-2 auf einer relativ schmalen Datenbasis beruhte. „Auf der anderen Seite sind die Sicherheitsaspekte, die man bei Autopsien von Patienten mit hoch infektiösen Erkrankungen berücksichtigen muss, sehr komplex – auch wenn das Personal durch Impfung geschützt ist. Als Konsequenz davon gibt es bisher keine großen Covid-19-Gewebestudien aus einzelnen Zentren“, stellten die Autorinnen und Autoren fest.

Zu Beginn der zweiten „Welle“ von Covid-19 in Österreich, also im Oktober 2020, und unter der „überwältigenden Zahl von an Covid-19-Verstorbenen an der Kepler-Universitätsklinik in Linz (Österreich) und der damit verbundenen Arbeitsbelastungen in der Autopsieabteilung wurde deshalb eine einfache Methode für ein minimal-invasives Sammeln von Gewebeproben unter niedrigem Infektionsrisiko und geringem Zeitaufwand entwickelt“, so die Linzer Fachleute.

Nur kleine Schnitte zwischen Rippen

Die Körper der Verstorbenen verbliebenen in den für solche Fälle vorgesehenen doppelten, dichten Kunststoffhüllen (Body Bags). Statt der Eröffnung des Brustraums erfolgten nur kleine chirurgische Schnitte zwischen Rippen, dann eine Entfernung von kleinen Rippenteilen und schließlich die Gewinnung von Proben des Lungengewebes von beiden Lungenflügeln. Das Gewebe wurde in Formalin fixiert und schließlich histologisch untersucht.

„Wir konnten Lungengewebe von 92 Patienten und Patientinnen, bei denen SARS-CoV-2 vor deren Tod diagnostiziert worden war, gewinnen. Das machte fast die Hälfte (44 Prozent) der 212 Patienten aus, die an Covid-19 an der Kepler Universitätsklinik zwischen Oktober 2020 und April 2021 verstarben“, schreiben die Linzer Autorinnen und Autoren in ihrer wissenschaftlichen Arbeit.

Hinweise auf akutes Lungenversagen

Die Ergebnisse der Laboruntersuchungen bestätigten jedenfalls, dass mit dem Verfahren de facto die gleichen Befunde wie auf anderem Weg, allerdings einfacher und schneller, erzielt werden können. Generell – zu 97 Prozent – wurden sogenannte diffuse Alveolarschäden festgestellt wie sie für ein durch Verletzung oder Infektion hervorgerufenes akutes Lungenversagen (ARDS) typisch sind. Auch weitere beobachtete Schädigungen des Lungengewebes deckten sich mit auch sonst bei Covid-19 gemachten Beobachtungen.

Die Verstorbenen, bei denen diese Form der Autopsie durchgeführt worden war, waren im Mittel 78 Jahre alt (48 bis 98 Jahre) gewesen. 38 Prozent waren Frauen, 62 Prozent Männer. Letztere waren im Mittel jünger als die verstorbenen Frauen. Nur drei der Toten hatten keine zusätzlichen Risikofaktoren aufgewiesen, 65 Prozent hingegen zwei oder mehr Risikofaktoren für einen schweren Verlauf von Covid-19.