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Image by kjpargeter on Freepik
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28 bzw. 36 Billionen

Die Vermessung der menschlichen Zellen

Eine großangelegte Studie liefert die bisher genaueste Schätzung der Zahl und Größe aller Körperzellen von Menschen. Eine typische Frau mit 60 Kilogramm hat laut Studie 28 Billionen Zellen, ein typischer Mann mit 70 Kilogramm 36 Billionen Zellen.

Die Studie, die soeben im Fachmagazin „PNAS“ erschienen ist, gibt Auskunft über die Größe und Anzahl der Zellen im menschlichen Körper. Die Ergebnisse hat das Team rund um Ian Hatton vom Max Planck Institut in einer interaktiven Kartei, der Human Cell Tree Map, veranschaulicht.

4,7 Kilogramm Blutzellen

Durch Größe und Anzahl der Zellen lassen sich auch auf die Gewichte der Gewebe schließen. Die Gehirnzellen eines 70-Kilo-Mannes wiegen zusammen etwa einen Kilogramm, die des Herzens hingegen einen Viertel Kilo. Die Zellen einer typischen Leber wiegen etwa 1,2 Kilogramm, alle Zellen des Blutes zusammen machen 4,7 Kilogramm aus. Die Zellen der Skelettknochen kommen auf lediglich 126 Gramm – wobei selbstverständlich Wasser, Eiweiße und Mineralien, die zwischen den Skelettzellen eingelagert sind, ausgenommen sind.

Ein Zusammenhang scheint über alle Gewebe hinweg zu gelten: Je größer die Zellen, desto weniger gibt es davon. Abhängig vom Gewebe wird dieselbe Gewebegröße also entweder durch die Größe der Zellen oder durch die Anzahl derselben erreicht.

Riesige Unterschiede der Zellgrößen

Jeder der 400 Zelltpyen – nicht wie früher angenommen 200 – im menschlichen Körper hat eine bestimmte Größe, die auf seine Funktion optimiert ist, schreiben die Forscher. Generell haben größere Körper nicht größere, sondern mehr Zellen. So hat etwa ein typisches Kind im Alter von zehn Jahren rund 17 Billionen Zellen.

Diese variieren in ihrer Größe – je nach Zelltyp – um stattliche sieben Größenordnungen, die größten Zellen sind also zehn Millionen Mal so groß wie die kleinsten. Am untersten Ende des Größenspektrums befinden sich die Blutzellen, die Blutplättchen (Thrombozyten) gehören mit ihren 0,01 Nanogramm zu den kleinsten Vertretern. Eine Muskelzelle aus dem Oberschenkel hingegen kommt auf 0,7 Milligramm.

Unterschiede in den Zellgrößen, schematisch dargestellt.
Ian A. Hatton
Unterschiede in den Zellgrößen, Zellen schematisch dargestellt: Thrombozyten (Platelet) sind die kleinsten Zellen im Blut, Endothelzellen kleiden Gefäße im Körper aus, Stammzellen gibt es in verschiedenen Geweben und Fibroblasten gehören zum Bindegewebe. Erythrozyten sind rote Blutkörperchen, Neutrophile gehören zu den weißen Blutkörperchen, alveolare Zellen findet man im Lungengewebe, Hepatozyten stammen aus der Leber. Neuronen sind die Nervenzellen, Adipozyten sind Fettzellen und Myozyten sind Muskelzellen.

Für die Arbeit verglichen die Wissenschaftler die menschlichen Zelltypen über 60 verschiedene Gewebe. Aus deren spezifischer Funktion und Lage im Körper ergeben sich rund 1.300 unterschiedliche Zellgruppen. Das Team analysierte Daten aus mehr als 1.500 Publikationen – am meisten gibt es da zu Männern, deshalb basieren die Berechnungen auf männlichen Körpern. Die Ergebnisse wurden dann für Frauen und Kinder hochgerechnet.

Anwendungen in Immun- und Krebsforschung

Laut den Forschern würden viele Teilbereiche der Biologie von den neuen Daten profitieren. Wichtige Hinweise gibt es beispielsweise für die Immunforschung, für die die geschätzte Zahl bestimmter weißer Blutkörperchen, der Lymphozyten, im Körper eine wichtige Rolle spielt. Diese Zahl wurde bisher mit rund 500 Milliarden angegeben, die neue Arbeit korrigiert sie hingegen auf etwa zwei Billionen. Durch diese Erkenntnis könne die Diagnose von Krankheiten verbessert werden, die mit Lymphozyten in Verbindung stehen, etwa des HI-Virus.

Generell helfe die Eingrenzung der Größen von Zelltypen, vorliegende Zellen zu identifizieren – was in unterschiedlichen Anwendungen wichtig ist, etwa der Erkennung von Tumorzellen. Die Daten sollen auch dafür verwendet werden, den Protein- und Energiestoffwechsel von Zellen besser zu verstehen.