Ein Wassertropfen fällt in eine blaue Wasserschüssel
APA/dpa-Zentralbild/Jens BŸttne
APA/dpa-Zentralbild/Jens BŸttne
Chemie

Neues Material gewinnt Wasser aus Wüstenluft

Wie ein Schwamm saugt ein neu entwickeltes Material namens „SHCP-10“ Wasser aus der Luft, berichten Wiener Chemiker. Es gibt das Nass wieder frei, wenn die Sonne darauf scheint. Selbst aus trockener Wüstenluft könne man damit pro Tag literweise Trinkwasser gewinnen.

SHCP-10 steht für „Sulfonated Hypercrosslinked Polymer 10“: ein hoch vernetztes, schwefelhaltiges Polymer, das heißt, ein aus vielen gleichen Bausteinen aufgebautes Material. Seine Herstellung ist preisgünstig und mit gängigen Reagenzien zu bewerkstelligen, berichten Paul Schweng und Robert Woodward vom Institut für Materialchemie der Universität Wien.

Mehrmals pro Tag einsetzbar

Wasser aus der Atmosphäre sammelt sich an der Oberfläche des Polymers, so Woodward. Von dort kann es mithilfe der Energie von Sonnenlicht effizient „geerntet“ werden. Unter optimalen Bedingungen gewinnt ein Kilogramm des neuen Materials pro Aufnahme-Abgabe-Zyklus bis zu 0,8 Liter Wasser, erklärt Schweng: „Selbst bei Sahara-Bedingungen mit weniger als 40 Prozent Luftfeuchte und Temperaturen über 40 Grad Celsius liefert es 300 Milliliter (0,3 Liter, Anm.)“. Die Methode funktioniert sogar ab zehn Prozent relativer Luftfeuchtigkeit und könnte demnach „selbst in den rauesten Regionen der Welt“ Verwendung finden.

Innerhalb der ersten Stunde sind drei Viertel der Aufnahmekapazität erreicht, und man kann das Wasser anschließend in einer weiteren Stunde vollständig von dem Material entfernen, berichtete Woodward: „Pro Tag sind daher mehrere Aufnahme-Abgabe-Zyklen möglich“. Im Vergleich zu herkömmlichen Methoden, die das Wasser direkt aus der Luft kondensieren, würde mit diesem Verfahren deutlich weniger Energie benötigt.

Wasserzugang große Herausforderung

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen (UNO) hat ein Viertel der Weltbevölkerung keinen Zugang zu sauberem Wasser. Vom gesamten Wasservorrat der Erde sind nur drei Promille Trinkwasser. 97 Prozent sind Salzwasser und vom vorhandenen Süßwasser ist vieles in Gletschern und im Grundwasser unzugänglich „gelagert“.

„Demgegenüber enthält die Erdatmosphäre zu jedem Zeitpunkt sechsmal mehr Wasserdampf als das Volumen aller Flüsse der Welt zusammen ausmacht“, so die Forscher: „In fast allen Regionen rund um den Globus ist daher fast grenzenlos Wasser aus der Luft verfügbar“. Die Luft ist somit eine probate Wasserquelle. Neben der Ortsunabhängigkeit wäre vorteilhaft, dass Wasser aus der Luft im Vergleich zu Grundwasser weniger gereinigt werden muss. Eine entsprechende Studie haben Woodward und Schweng mit ihrem Team soeben im Fachmagazin „Small“ veröffentlicht.