Exoplanet WASP-107b umkreist seinen Stern
Illustration: LUCA School of Arts, Belgium/Klaas Verpoest (visuals), Johan Van Looveren (typography). Science: Achrène Dyrek (CEA and Université Paris Cité, France), Michiel Min (SRON, the Netherlands), Leen Decin (KU Leuven, Belgium) / European MIRI EXO GTO team/ESA/NASA
Illustration: LUCA School of Arts, Belgium/Klaas Verpoest (visuals), Johan Van Looveren (typography). Science: Achrène Dyrek (CEA and Université Paris Cité, France), Michiel Min (SRON, the Netherlands), Leen Decin (KU Leuven, Belgium) / European MIRI EXO GTO team/ESA/NASA
Kosmos

Exoplanet mit Wolken aus Sand

Das „James Webb Space Telescope“ liefert tiefe Einblicke in ferne kosmische Regionen. Mit seiner Hilfe hat ein Forschungsteam nun den 200 Lichtjahre entfernten Exoplaneten „WASP-107b“ untersucht und weit in dessen Atmosphäre geblickt. Entdeckt wurden dort Wolken aus Sand, außerdem Wasser und Schwefeldioxid.

Mit der Vorsilbe „Exo“ wird jeder Planet versehen, der sich nicht in unserem Sonnensystem befindet. Mit den neuen wissenschaftlichen Möglichkeiten kommen auch immer mehr Exoplaneten auf den Schirm der Forschung. Besonders vielversprechende Untersuchungen an den Himmelskörpern lassen u.a. die Geräte am James Webb-Teleskop, dem größten Spiegelteleskop im Weltraum, zu. Eines davon ist das am JWST angedockte Mid-Infrared Instrument (MIRI).

Dabei handelt es sich auch um eine Art virtuelles Labor im All, mit dem Wärmestrahlung von Gas und mikroskopisch kleinem Staub detektiert werden kann. Aus den Daten lassen sich Rückschlüsse auf im All befindliche Moleküle ziehen und die Zusammensetzung von feinem Staub im Universum untersuchen. Im Fall der nunmehrigen Analyse haben das Team um den Hauptautor der Studie, Michiel Min vom SRON Netherlands Institute for Space Research, mit MIRI den 2017 entdeckten, rund 200 Lichtjahre von der Erde entfernt in der „Virgo“-Sternenkonstellation um den gegenüber der Sonne etwas kühleren und weniger massereichen Stern WASP-107 kreisenden „WASP-107b“-Planeten untersucht.

„Flauschige“ Atmosphäre

So gelang es erstmals, die Zusammensetzung von Wolken auf einem Exoplaneten zu analysieren, heißt es am Mittwoch in einer Aussendung der Universität Wien und der Uni Leuven, die ebenfalls an der im Fachblatt „Nature“ erschienenen Arbeit beteiligt waren. Das war nur möglich, weil sich die Atmosphäre des Planeten „flauschig“ präsentiert, so um Manuel Güdel von der Uni Wien, der an der Entwicklung von MIRI ab dem Jahr 2003 federführend beteiligt war. „WASP-107b“ hat zwar in etwa die Masse von Neptun, das aber bei annähernd der Größe von Jupiter.

Animation Exoplanet WASP-107b

WASP-107b kreist um seine Sonne

Diese Kombination sorgt für eine aufgelockerte Außenhülle des Exoplaneten und ermöglicht es den Wissenschaftlern mit MIRI rund 50 Mal tiefer in die Atmosphäre zu schauen als das bei Jupiter möglich ist. So ließen sich tatsächlich Wasserdampf, Schwefeldioxid (SO2) und Silikatwolken identifizieren, nicht jedoch Methan (CH4). „Erstens deutet das Fehlen von Methan auf ein möglicherweise warmes Inneres hin und bietet einen spannenden Einblick in die Bewegung von Wärmeenergie in der Atmosphäre des Planeten. Zweitens war die Entdeckung von Schwefeldioxid (bekannt durch den Geruch von verbrannten Streichhölzern) eine große Überraschung“, so der Wiener Astrophysiker. Dass es nun doch gefunden wurde, erklären sich die Forscher dadurch, dass der Wirtsstern des Himmelskörpers zwar relativ wenige Lichtteilchen (Photonen) und damit auch wenig Energie zu "WASP-107b schickt, diese Energie dort aber tiefer Richtung Inneres vordringen kann, wodurch Schwefeldioxid offenbar doch entsteht.

Sandwolken und Sandregen

Die Daten zeigen allerdings auch, dass hoch oben in der Atmosphäre liegende Wolken den Wasserdampf und das Schwefeldioxid teils überdecken. Diese sind aber gänzlich anders beschaffen, als man es von der Erde kennt: Sie bestehen nämlich aus winzigen Silikatpartikeln – also dem Hauptbestandteil von Sand. „Die Entdeckung von Wolken aus Sand, Wasser und Schwefeldioxid auf diesem flauschigen Exoplaneten“ sei ein „entscheidender Meilenstein“. Die neuen Erkenntnisse verändern „unser Verständnis der Entstehung und Entwicklung von Planeten und werfen ein neues Licht auf unser eigenes Sonnensystem“, so Güdel.

Atmosphärische Zusammensetzung von Exoplanet WASP-107b
Illustration: LUCA School of Arts, Belgium/Klaas Verpoest (visuals), Johan Van Looveren (typography). Science: Achrène Dyrek (CEA and Université Paris Cité, France), Michiel Min (SRON, the Netherlands), Leen Decin (KU Leuven, Belgium) / European MIRI EXO GTO team/ESA/NASA
Atmosphärische Zusammensetzung von Exoplanet WASP-107b

Neben den Sandwolken fanden sich auch Hinweise auf Sandregen auf dem fernen Himmelskörper. Die Wolken lassen dort nämlich bei Temperaturen um rund 500 Grad Celsius Sandpartikel abregnen. „Die Tatsache, dass wir diese Sandwolken hoch oben in der Atmosphäre sehen, muss bedeuten, dass die Sandregentropfen in tieferen, sehr heißen Schichten verdampfen und der dabei entstehende Silikatdampf effizient wieder nach oben transportiert wird, wo er sich erneut zu Silikatwolken verdichtet. Dies ist dem Wasserdampf- und Wolkenzyklus auf unserer Erde sehr ähnlich, allerdings mit Tröpfchen aus Sand“, erklärte Min.