Damit soll das Verhalten und die Gehirnaktivität von Mäusen noch besser als bisher erforscht werden können, schreibt ein Team um den Neurologen Daniel Dombeck soeben in der Fachzeitschrift „Neuron“.
In die Szene „eintauchen“
Schon bisher habe es VR-Systeme für Mäuse gegeben, dabei verwendete die Forschung im Labor aber große Bildschirme, die die Tiere umgaben. „Für den Menschen wäre das so, als würden sie im Wohnzimmer fernsehen. Sie sehen dabei immer noch die Couch und die Wände – haben also Hinweise darauf, dass sie sich nicht wirklich in der Szene befinden“, erklärt Dombeck in einer Aussendung. Mit VR-Brillen sei das anders, und solche hätten für Mäuse bisher gefehlt.
Das System mit dem Namen „Miniature Rodent Stereo Illumination VR“ (iMRSIV) besteht aus zwei Linsen und zwei Bildschirmen – einen für jede Seite des Kopfes. Dadurch erhält jedes Auge ein 180-Grad-Sichtfeld, das die Maus vollständig in die virtuelle Realität eintauchen lässt und die Umgebung ausschließen soll.
Maus mit VR-Brille auf einem Laufband
Im Gegensatz zu einer VR-Brille für Menschen tragen die Mäuse das iMRSIV-System nicht direkt auf dem Kopf. Stattdessen wird die Brille am Versuchsaufbau befestigt und sitzt dicht vor dem Gesicht der Maus (siehe Video). Da die Maus auf einem Laufband an Ort und Stelle läuft, deckt die Brille immer noch das Sichtfeld der Maus ab.
Bedrohung simuliert: Vögel von oben
Dombeck und sein Team fanden heraus, dass die Gehirne von Mäusen mit Brille auf sehr ähnliche Weise aktiviert wurden wie bei frei beweglichen Tieren. Im Vergleich mit herkömmlichen VR-Systemen interagierten die Mäuse mit Brille auch viel schneller mit der Szene. Konkret ausprobiert haben die Fachleute das neue System u. a. bei einer bedrohlichen Situation: wenn etwa ein Raubvogel von oben auf eine Maus zufliegt.
„Der obere Teil des Sichtfelds einer Maus ist sehr empfindlich, um Raubtiere von oben zu erkennen, wie einen Vogel“, sagte Studienerstautor Dom Pinke. Die Reaktion darauf sei „kein erlerntes Verhalten, sondern ist im Gehirn der Maus verdrahtet.“ Um die Bedrohung zu erzeugen, projizierten die Fachleute eine dunkle, sich ausdehnende Scheibe in die Oberseite der Brille. In Experimenten liefen die Mäuse – wenn sie die Scheibe bemerkten – entweder schneller auf dem Laufband oder erstarrten. Beide Verhaltensweisen sind gängige Reaktionen auf derartige Bedrohungen.
Die Fachleute zeichneten die Gehirnaktivitäten auf, um diese Reaktionen im Detail zu untersuchen. „In Zukunft möchten wir uns Situationen ansehen, in denen die Maus nicht die Beute ist, sondern der Jäger“, sagte Studienmitautor John Issa. „Wir könnten zum Beispiel die Gehirnaktivität beobachten, während sie eine Fliege jagt.“