Forststraße, Wald
APA/WWF/CHRISTIAN LENDL
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Österreich

Forststraßen länger als Straßennetz

Österreichs Forststraßen übertreffen mit einer Länge von 218.000 Kilometern das Straßennetz bei Weitem, das gerade einmal auf 127.000 Kilometer kommt. Das zeigt eine neue, im Auftrag der Naturschutzorganisation WWF Österreich erstellte Studie.

Die Studie, die vom E.C.O. Institut für Ökologie erstellt wurde, veranlasst den WWF zur Kritik am rasanten Wachstum der in den Wäldern verborgenen Verkehrsbauten. Auf Hektar heruntergerechnet, habe deren Länge seit 1996 um 40 Prozent zugenommen. Österreichs Straßennetz ist laut VCÖ 127.000 Kilometer lang (Stand 2019).

1996 gab es die letzte publizierte Untersuchung über die Forststraßen. „Beinahe 30 Jahre lang standen uns keine aktuellen Daten zu den heimischen Forststraßen zur Verfügung“, so E.C.O.-Geschäftsführer Hanns Kirchmeir. „Mit Hilfe neuer, digitaler Datensätze konnten wir nun die Entwicklung der letzten drei Jahrzehnte nachvollziehen und zeigen, dass ihre Länge seither von 35 Laufmetern pro Hektar auf 49 erhöht wurde“ – was die genannten 40 Prozent ergibt.

Insgesamt gehen laut Studie durch Forststraßen und ihre Böschungen rund vier Prozent der intakten Waldböden und der produktiven Waldfläche verloren. Das entspricht einer Gesamtfläche von rund 190.000 Hektar bzw. der dreieinhalbfachen Fläche des Bodensees.

WWF: „Gefahr für die Natur“

Der WWF sieht in den zahlreichen Forststraßen eine Gefahr für die Natur, denn „das extrem dichte Netz an Lkw-befahrbaren Straßen zerschneidet unsere Wälder und wirkt sich negativ auf ihr Mikroklima, ihre Artenvielfalt und ihre Fähigkeit zur Kohlenstoffspeicherung aus“, so WWF-Waldexpertin Karin Enzenhofer. Ur- und Naturwälder würden im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise helfen, da sie besonders viel Kohlenstoff speichern und Lebensraum für eine Vielzahl von Tieren und Pflanzen bieten.

Um die negativen Auswirkungen von Forststraßen zu verringern und große zusammenhängende Waldflächen zu schützen, fordert der WWF strengere rechtliche Vorgaben: „Genehmigungsverfahren müssen Natur- und Klimaschutz stärker berücksichtigen sowie bundesweit vereinheitlicht und in den Naturschutzgesetzen der Bundesländer verankert werden“, so Enzenhofer. „Derzeit gelten selbst in Schutzgebieten oft nur sehr schwache oder gar keine Regeln für die Bewilligung von Forststraßen.“

„Voraussetzung für naturnahe Waldbewirtschaftung“

Waldbesitzer sehen das naturgemäß anders. Man werde auch weiterhin neue Forststraßen brauchen, so Felix Montecuccoli, Präsident des Verbandes der Land- und Forstbetriebe und selbst Waldbesitzer, im Ö1-Frühjournal. Als Beispiel nennt er etwa schwere Schäden an Wäldern in Osttirol durch Borkenkäfer. Aufgrund fehlender Infrastruktur sei es in Fällen wie diesem nicht möglich, schnell genug einzugreifen. In Österreich werde der Wald naturnah, also kleinflächig, bewirtschaftet, und dazu brauche man Wege.

Rechnungshof kritisiert Mittelaufwand

Der Rechnungshof kritisierte 2022 den Mittelaufwand des Landwirtschaftsministeriums für Forststraßen im „Österreichischen Programm für ländliche Entwicklung 2014 bis 2020“, das insgesamt 206,63 Millionen Euro für Projekte im Forstbereich beinhaltete.

Demnach wurde im Hinblick auf den sanierungsbedürftigen Zustand der Schutzwälder angemerkt, dass mit 43,5 Millionen Euro mehr als die Hälfte der schutzwaldbezogenen Förderungen für Forststraßen bewilligt wurden. Weniger als 50 Prozent der Mittel wurden für Projekte zur Erhaltung oder zur langfristigen Verbesserung der Ökosysteme in Schutzwäldern eingesetzt.