Ein Rapsfeld in Niederösterreich
APA/HELMUT FOHRINGER
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Klima

Mehr Bioenergie dank Ernährungsumstellung

Tierische Lebensmittel drastisch reduzieren und stattdessen andere Proteine einsetzen: Eine Ernährungsumstellung im großen Stil könnte laut einer neuen Studie nachhaltige Landwirtschaft garantieren, das Klima schonen und gleichzeitig so viel erneuerbare Energie liefern wie sonst nur Kohlekraftwerke.

Landwirtschaft trägt maßgeblich zum Ausstoß klimaschädlicher Gase bei: Kohlendioxid, Methan, Lachgas und fluorierte Gase. Hauptverantwortlich sind vor allem die Tierhaltung (Verdauungsprozess der Tiere) und der Einsatz künstlicher Dünger. Eine Methode, um die Belastungen durch Kohlendioxid in den Griff zu bekommen, ist „Bioenergie mit Kohlenstoffabscheidung und -Speicherung“ (bioenergy with carbon capture and storage), kurz BECCS.

Bei diesem Verfahren wird Biomasse verwertet. Das dabei entstehende Kohlendioxid wird in den Boden abgeschieden und gespeichert. Dieses Verfahren ist aber umstritten. Um viel Biomasse zu gewinnen, wird für den Anbau von Pflanzen viel Land verbraucht. Land, das für den Anbau anderer Nahrungsmittel verloren geht, was die Lebensmittelsicherheit gefährden kann. Wird in weiterer Folge noch mehr Fläche für Landwirtschaft erschlossen, geht natürliche Vegetation verloren – Lebensraum für Tiere und Wildpflanzen wird eingeschränkt.

Vorteile für BECCS durch Proteinumstellung

An der Universität Leiden hat ein Forschungsteam unter der Leitung des Umweltwissenschaftlers Oscar Rueda die BECCS-Methode als Grundlage genommen und um folgenden Forschungsansatz erweitert: 50 Prozent der Produkte auf tierischer Basis, die Menschen heute konsumieren, sollen durch andere Proteine – hauptsächlich pflanzliche – ersetzt werden. „Wir zeigen, dass ein Proteinübergang umfangreiche Ressourcen für BECCS freisetzen könnte, um große Mengen an Energie zu gewinnen und große Mengen an Kohlendioxid zu verhindern“, so Rueda. Die Studie dazu wurde in der Fachzeitschrift „One Earth“ veröffentlicht.

Das Forschungsteam bewertet Lebensmittel tierischen Ursprungs als nicht effizient: Nutztiere verbrauchen mehr Nahrung, als sie später liefern. Für ihre Haltung sind auch Land und Wasser notwendig. Wird nun die Produktion von tierischem Eiweiß um 50 Prozent reduziert oder anders gesagt: Viehzucht zurückgefahren, dann werden Weide- und Grasland frei. Darauf können einerseits Getreide, Mais, Ölpflanzen und Hülsenfrüchten angebaut werden, um die Versorgung mit Lebensmitteln zu sichern. Andrerseits bleiben auch Flächen für den Anbau von Energiepflanzen.

Pflanzen als Boost für Energiegewinnung

Pflanzen wie Raps oder Mais liefern Biomasse für erneuerbare Energie und können nach Berechnungen des Forschungsteam mehr und besser Kohlendioxid binden als natürliche Vegetation. Werden Energiepflanzen vor allem auf frei gewordenem Weideland angebaut, bleiben mehr Wiesen, Haine und Feldraine erhalten – zum Vorteil der Artenvielfalt.

Die 50:50-Umstellung könnte bis 2050 erreicht werden, so das Forschungsteam. Erfolge erzielen aber schon kleinere Mengen: Wenn 30 Prozent der tierischen Produkte durch andere Proteine ersetzt würden, würde genug Fläche frei, um zwischen knapp 16 und 29 Exajoule Energie pro Jahr zu erzeugen. Zwischen dreieinhalb und sieben Gigatonnen Kohlendioxid könnte eingespart werden. Zum Vergleich: In Österreich wurde im Jahr 2022 Energie von etwas mehr als einem Exajoule verbraucht und knapp 73 Millionen Tonnen an Treibhausgasen wurden ausgestoßen. Kohlekraftwerke weltweit erzeugen bis zu 35 Exajoule Strom pro Jahr und stoßen bis zu zehn Gigatonnen Kohlendioxid aus.

Auf Fleisch, Milch, Eier und auf die daraus gemachten Lebensmittel im großen Stil zu verzichten, ist aber nicht nur eine Frage der Einstellung zu Klima und Energieversorgung. Soziale und politische Faktoren bestimmten mit, wie sich eine so große Umstellung machen ließe. Da brauche es weitere Forschungen, so Rueda.