Eine Familie mit Vater, Mutter und Kind im Sonnenuntergang vor einem Hügel
kerkezz – stock.adobe.com
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Studie

Ukraine-Krieg belastete Europäer psychisch

Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat messbar größere Spuren bei der mentalen Gesundheit bei Menschen in Europa hinterlassen als die Nuklearkatastrophe von Fukushima 2011 und der Coronavirus-Lockdown im Jahr 2020. Das ist das Ergebnis einer Studie eines internationalen Forschungsteams.

Der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine vor fast zwei Jahren habe verbreitet zu einem kollektiven Einbruch des Wohlbefindens geführt – unabhängig von Alter, Geschlecht, politischer Orientierung oder sonstigen Eigenschaften der befragten Personen. Die Studie des Teams unter der Leitung der Psychologen Julian Scharbert und Mitja Back von der Universität Münster wurde im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht.

Eine von Ende 2021 bis Sommer 2022 durchgeführte Studie bot auch die Möglichkeit, die täglichen Stimmungsverläufe in den Wochen des Kriegsausbruchs zu untersuchen. „Normalerweise ist es nicht möglich, derart einschneidende Ereignisse in einem präzisen Zeitfenster bei gleichzeitiger geografischer Breite zu untersuchen“, so Back. Die Daten seien einzigartig. Die Forscherinnen und Forscher konzentrierten sich auf Menschen in Europa und einen zweimonatigen Zeitrahmen um den Kriegsausbruch am 24. Februar 2022.

Die genutzten Daten stammen aus dem Projekt „Coping with Corona“, bei dem weltweit das Wohlbefinden der Menschen in der Coronavirus-Pandemie abgefragt wurde. Dabei wurden von Oktober 2021 bis August 2022 in Zusammenarbeit mit 50 Forschenden Daten erhoben.

Keine Daten aus der Ukraine und Russland

Das Ergebnis zeige, dass die Menschen in Europa im Vergleich zum Rest der Welt ein deutlich niedrigeres Wohlbefinden gehabt hätten. Dabei gab es keinen direkten Zusammenhang zwischen starker Betroffenheit und aktiver Solidarität wie Spendenbereitschaft und Teilnahme an Demonstrationen. Wenn der Krieg in der Ukraine in den sozialen Netzwerken besonders stark präsent war, gab es eine durchschnittlich schlechtere mentale Verfassung bei den Befragten.

„Neben den offensichtlichen Folgen des Krieges wie Flucht oder unterbrochenen Versorgungsketten gibt es eine weniger offensichtliche Dimension: die Auswirkungen der täglichen Nachrichten und Bilder auf die Psyche“, sagte Scharbert laut Mitteilung. „Unsere Daten weisen darauf hin, dass politische und gesellschaftliche Akteure in Krisenzeiten auch die mentale Gesundheit in den Fokus nehmen sollten – besonders von Menschen, die ohnehin anfälliger für Belastungen sind.“

Ein Hinweis der Studienautorinnen und -autoren: Menschen in der Ukraine und Russland seien psychisch vermutlich ungleich größer belastet – Daten zu diesen Ländern liegen allerdings nicht vor.