Bakterien

Heimische Leptospira-Variante identifiziert

Bakterien der Gattung Leptospira infizieren weltweit Menschen und andere Tiere. Am häufigsten sind sie in den Tropen, durch die Erderwärmung könnten sie vermehrt Länder in gemäßigten Breiten wie Österreich heimsuchen. Ein Forschungsteam hat nun einen heimischen, bisher anonymen Leptospira-Stamm identifiziert.

Leptospira sind von „schraubenförmig gewundener“ Gestalt und kommen etwa in Ratten, Mäusen, Rindern, Schweinen und Hunden vor. Menschen werden angesteckt, wenn sie mit Urin von infizierten Tieren in Berührung kommen und die Bakterien durch kleine Hautverletzungen oder Schleimhäute eindringen, oder falls sie damit verunreinigtes Wasser trinken. Die Erreger können dann Fieber, Hirnhautentzündung, Bindehautblutungen, Leber- und Nierenschäden sowie Multiorganversagen verursachen.

Die Erkrankung wird mit Antibiotika behandelt. In Österreich kommt sie laut Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) selten, aber regelmäßig vor. Jährlich erkranken hier zehn bis 70 Menschen. Manchmal gibt es Todesfälle.

Bei Rindern führt Leptospirose teils zu Fruchtbarkeitsproblemen und verringerter Milchleistung, so die Wiener Epidemiologin Amélie Desvars-Larrive, die am Complexity Science Hub (CSH) in Wien und der Veterinärmedizinischen Universität Wien arbeitet. In landwirtschaftlichen Betrieben kann man vorbeugen, indem man Ratten und andere Nagetiere von ihnen fernhält. Diese sind nämlich ein großes Reservoir für die Erreger. In einer früheren Studie zeigte sie mit einem Team beispielsweise, dass in Wien ein Viertel aller Ratten solche Bakterien in sich trägt.

Tests und Impfung

Eine Leptospira-Infektion kann ähnlich wie bei SARS-CoV-2 mittels PCR- (Polymerase-Kettenreaktion) oder Antikörpertests erkannt und nachgewiesen werden. Vor allem Antikörpertests sind genauer, wenn man die lokalen Varianten (Serogruppen) kennt und berücksichtigt, erklärte Desvars-Larrive zu der nun im Fachjournal „Scientific Reports“ erschienenen Studie : „Die Goldstandard-Methode, um die Variante zu erkennen, mit der ein Mensch oder Tier infiziert ist, heißt Mikroagglutinationstest“. Man braucht dazu lebende Kulturen verschiedener Leptospira-Serogruppen. Sie werden einzeln mit Serum (dem flüssigem Teil des Blutes) des Patienten vermischt. Hat jener Antikörper gegen die Mikroben gebildet, verklumpen (agglutinieren) sie sichtbar, der Test ist „positiv“.

Bisher waren die lokalen österreichischen Leptospira-Stämme unerkannt und noch nicht im Labor gezüchtet. „Diese sehr praxisrelevante Forschungslücke konnten wir nun schließen“, so Desvars-Larrive. Für präventive Maßnahmen gegen weitere Infektionen von Mensch und Tier ist es hilfreich, wenn man die Serogruppe kennt, die aktuell Erkrankungen verursacht. Dann kann man die tierische Quelle eher bestimmen, und auch die vorhandenen Impfstoffe sind „Serogruppen-spezifisch“, erklärte sie. Impfungen gibt es in Österreich für Hunde und Schweine, nicht aber für Rinder und Menschen.

Risiko Zoonose

Um die lokal zirkulierende Leptospira-Serogruppe zu finden, nahmen die Forscher Proben von 410 Rindern, bei denen eine Recherche ein erhöhtes Risiko einer Infektion ergab. „Fünf davon konnten positiv auf Leptospira getestet werden“, berichtet Desvars-Larrive in einer Aussendung der CSH: „Dreimal wurde das Bakterium erfolgreich isoliert, kultiviert und genau identifiziert.“

„Es können demnach auch Rinder in österreichischen Landwirtschaftsbetrieben das Leptospira-Bakterium in sich tragen und eine Quelle für Infektionen sein“, erklärt die Epidemiologin. Die heimische Variante heißt „Leptospira borgpetersenii Serogruppe Sejroe Serovar Hardjobovis“. Sie ist äußerst anpassungsfähig und kommt vielerorts in Haus- und Wildtieren vor. Dies fördert das Risiko einer „zoonotischen“ Übertragung zwischen Mensch und andern Tieren, so Desvars-Larrive.