Künstlerische Darstellung, wie Planet von Doppelsternen zerrissen wird
intouchable, ©OPENVERSE
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Kosmos

Jeder zwölfte Stern hat Planeten verschlungen

Etwa jeder zwölfte Stern hat bereits mindestens einen Planeten verschlungen. Das zeigen Beobachtungen von 91 Doppelsternen: Trotz ihrer gemeinsamen Geburt aus einer Gaswolke zeigen sich auffällige Unterschiede in ihrer chemischen Zusammensetzung. Diese lassen sich nur durch eine solche „kosmische Mahlzeit“ erklären.

Bei vielen Sternen wurden bereits Anzeichen einer „Verschmutzung“ durch Trümmer von Planeten oder Asteroiden entdeckt. Die Atmosphäre der Sterne zeigt in solchen Fällen eine deutliche Anreicherung mit schweren Elementen, wie sie in Gesteinsplaneten, aber nicht in normalen Sternen vorkommen. Wie häufig Sterne einen ihrer Planeten verschlingen, war jedoch bisher unklar.

Um eine Antwort auf diese Frage zu finden, haben Fan Liu von der Monash University in Melbourne und sein Team nach Sternenpaaren gesucht, die aus derselben Gaswolke entstanden sind. Mithilfe des europäischen Astronomie-Satelliten „Gaia“ konnten sie 91 Paare identifizieren, deren Abstand und deren gemeinsame Bewegung durchs All eine gemeinsame Geburt verrät – es handle sich also um Sternenzwillinge beziehungsweise Doppelsterne, die ursprünglich die gleiche chemische Zusammensetzung besessen haben müssen, heißt es in der soeben im Fachblatt „Nature“ erschienenen Studie.

Atmosphärische Unterschiede

Doch wie weitere, sehr genaue Beobachtungen mit mehreren Großteleskopen auf der Erde zeigen, weisen acht Prozent dieser Paare deutliche Unterschiede in der Häufigkeit schwerer Elemente in ihren Atmosphären auf. Einer der beiden Sterne muss also, so folgern Liu und Co, vor nicht allzu langer Zeit einen Planeten verschlungen haben.

Computersimulationen der Entstehung von Planeten um junge Sterne zeigen, dass solche Katastrophen in den ersten hundert Millionen Jahren nach der Geburt eines Planetensystems keine Seltenheit sind. „Doch solche frühen Ereignisse sollten nach mehreren Milliarden Jahren nicht mehr nachweisbar sein“, betonen die Forscher und Forscherinnen. Denn die schweren Elemente sinken in das Innere des Sterns. Bei den von dem Team untersuchten Sternen handelt es sich jedoch ausschließlich um entwickelte Sterne ähnlich unserer Sonne in ihrer normalen Lebensphase.

„Kosmische Mahlzeiten“

„Wir sehen also vermutlich die Spuren späterer Ereignisse“, so das Team weiter, „ausgelöst beispielsweise durch Störungen von außen – etwa einen weiteren, nahe vorüberziehenden Stern oder einen in das innere System eindringenden großen Gasplaneten.“ Solche Störungen können die Bahnen der inneren Planeten aus dem Gleichgewicht bringen.

Nähert sich dadurch einer der Planeten zu sehr seinem Zentralstern an, wird er durch dessen Anziehungskraft zerrissen und seine Trümmer fallen auf den Stern herab. Solche kosmischen Mahlzeiten könnten also häufiger sein als bisher angenommen und deshalb eine wichtige Rolle bei der späten Entwicklung von Planetensystemen spielen.