Menschen auf Pferden in China
AFP
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Erbgutanalyse

DNA enthüllt Gesicht von Nomadenherrscher

Braune Augen, schwarzes Haar und dunkler Teint. So sah Kaiser Wu aus. Er herrschte im 6. Jahrhundert nach Christi Geburt und war Angehöriger des Nomadenvolkes der Xianbei. Das Besondere an der Beschreibung: Basis dafür ist fast 1.500 Jahre altes Erbgut aus den Knochen des Herrschers.

Analysiert wurden etwa eine Million Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNP). Das sind Basenpaare, die an einer bestimmten Stelle des Erbguts sitzen. Sie wurden von einem Forschungsteam der Fudan-Universität in Shanghai wiederhergestellt und analysiert.

Die DNA stammt von Knochen und dem fast vollständig erhaltenen Schädel des Mannes. Sein Grab entdeckten Archäologen vor 28 Jahren im Nordwesten Chinas. Mit DNA, Schädel und einer speziellen Software rekonstruierte das Team Wus Gesicht in 3D. „Unsere Arbeit hat eine historische Persönlichkeit zum Leben erweckt“, so Pianpian Wei, Koautorin der Studie, die in der Fachzeitschrift „Current Biology“ veröffentlicht wurde.

Rekonstruktion von Emperor Wu
Pianpian Wei
Kaiser der Xianbei: 1.500 Jahre alte DNA entschlüsselt Antlitz

Die Rekonstruktion zeige neben den beschriebenen Details auch Gesichtszüge, die denen der Menschen im heutigen Norden und Nordosten Asiens ähnlich sind, so Studienautor Shaoqing Wen. Das sage etwas über seine Abstammung und ließe Rückschlüsse über Migrationsbewegungen zu: Angehörige der Xianbei sind nicht unter sich geblieben.

Abstammung und Gesundheitszustand

Kaiser Wu herrschte von 560 bis 578 nach Christi Geburt und galt als einflussreich und mächtig. Er baute ein starkes Reiterheer auf, unterwarf die Turkvölker und vereinte Gebiete im Norden des alten China. Er war Angehöriger der Xianbei – Nomaden, die in der heutigen Mongolei, im Norden und im Nordosten von China lebten. Die Forschung geht davon aus, dass sie kein homogenes Volk waren, sondern ein Verband verschiedener Reiterstämme – vielsprachig und multi-ethnisch.

Der DNA-Analyse zufolge kamen Wus Vorfahren zu mehr als 60 Prozent aus der Mongolei und aus dem damaligen Gebiet der Mandschurei – eine historische Landschaft, die heute in China, Russland und kleinen Teilen der Mongolei liegt. Bei mehr als 30 Prozent des untersuchten Erbguts zeigte sich eine genetische Verwandtschaft zur Volksgruppe der Han-Chinesen, angesiedelt entlang des Gelben Flusses. Offenkundig gingen die Xianbei auch Verbindungen mit Angehörigen anderer Volksgruppen ein. „Das ist eine wichtige Information um zu verstehen, wie sich alte Völker in Eurasien ausbreiteten und wie sie sich in die lokale Bevölkerung integrierten", so Shaoqing Wen.

Möglicher Schlaganfall

Etwas anderes brachte das entschlüsselte Erbgut noch zu Tage: den Gesundheitszustand des Kaisers gegen Ende seiner Lebenszeit. Er starb im Alter von 36 Jahren. Bisherige Forschungen gingen davon aus, dass er vergiftet wurde oder krank war. Letzteres bestätigte die aktuelle DNA-Analyse. Der Mann hatte ein erhöhtes Schlaganfallrisiko, was möglicherweise zu seinem Tod geführt hat. Das deckt sich mit historischen Aufzeichnungen. Sie beschreiben, dass der Kaiser an Aphasie litt, einer schweren Sprachstörung, einen schleppenden Gang und hängende Augenlider hatte – mögliche Symptome eines Schlaganfalls.