EU-Klimaschutz

Umweltschützer fordern neuen grünen und sozialen Deal

Umweltschutzverbände fordern ein Bekenntnis zum EU-Klimaschutz: „Es geht darum, den europäischen Green Deal umzusetzen und einen neuen grünen und sozialen Deal auszuarbeiten, der es der gesamten Gesellschaft ermöglicht, von der grünen Transformation zu profitieren“, so Patrick ten Brink, der Generalsekretär des Europäischen Umweltbüros (EEB) – einer Dachorganisation von rund 180 Umweltorganisationen – bei einem Pressegespräch.

Nachdem der Green Deal vor fünf Jahren gut gestartet sei, sei das Projekt im Zuge der CoV-Pandemie, des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine und zuletzt durch Proteste von Bauern massiv unter Druck gekommen, sagte Patrick ten Brink anlässlich der Diskussion „Warum die EU-Wahlen entscheidend für Klima, Natur und Umwelt sind“ bei der Umweltorganisation Global 2000 in Wien. Insbesondere die Europäische Volkspartei (EVP) habe den Green Deal in den vergangenen Monaten „wild angegriffen“ und „systematisch unterminiert“. Daher sei eine der Hauptsorgen, dass das ganze Projekt „zunichte gemacht“ werden könnte, wenn Rechtsaußenparteien im Zuge der Europawahl an die Macht kämen. Es bestünde dann „ein großes Risiko“, dass die Gesetzgebung zum Green Deal und zu Umwelt weiter unterminiert werde.

Colin Roche, Leiter des Programms für Klimagerechtigkeit und Energie bei Friends of the Earth Europe, kritisierte, es fehle nach wie vor „ein klarer Ausstiegsplan aus fossiler Energie“, obwohl die EU-Kommission eine Emissionsreduktion von 90 Prozent bis 2040 vorgeschlagen habe. Dieses Ziel sei nach Ansicht von Fachleuten zu wenig ambitioniert, um die Erderwärmung auf die anvisierten 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Ten Brink und Roche zufolge wäre Klimaneutralität für die gesamte EU bereits 2040 erreichbar, anstatt wie bisher beschlossen im Jahr 2050. Ein Vorziehen des Ziels hätte auch positive Auswirkungen auf Konjunktur und Beschäftigung, argumentierten die Umweltschützer.

Viele Versäumnisse

Sollte Europa den Umstieg zu Erneuerbaren nicht weiter forcieren, verpasse die EU auch Möglichkeiten, gegen Energiearmut vorzugehen, betonten die Organisationen. Zumindest werde allgemein anerkannt, dass zig-Millionen Bürger von Energiearmut betroffen sein könnten. Dennoch habe man es verabsäumt, striktere nationale Vorgaben in Hinblick auf die Energieeffizienz und die Gebäuderichtlinie zu beschließen.

Johannes Wahlmüller, Klima- und Energieexperte von Global 2000, gab zu bedenken, dass Österreich auch bei der Umsetzung säumig sei und seinen Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) wegen Differenzen zwischen ÖVP und Grünen bisher nicht abgegeben habe. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) hatte einen Vorentwurf nach Brüssel geschickt, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zog ihn kurz danach medienwirksam wieder zurück. Die EU-Kommission leitete daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ein, was zu empfindlich hohen Strafzahlungen führen könnte. Die Frist für die Abgabe des NEKP endet im Juni.

Global 2000 sieht große Chancen für Österreich darin, auf EU-Ebene zu den Vorreitern zu gehören: weniger Ausgaben für fossile Importe, Chancen für die exportstarke Umweltwirtschaft und mehr Arbeitsplätze in Zukunftsbranchen, sagte Wahlmüller.

Fehlende Visionen

Der EU fehle es im Moment an einer Vision für Klima- und Umweltschutz, beklagte ten Brink. Deshalb weise der Green Deal im Moment auch „einen hohen Grad von Erosion“ auf. Neu sei etwa, dass bereits akkordierte Vereinbarungen wieder aufgemacht würden. Die EU-Kommission hätte auch die Vorteile des Green Deal klarer kommunizieren müssen. Die Umweltschützer verlangten außerdem, dass Klima-, Umwelt- und Artenschutz auch Teil der Strategischen Agenda der EU für die kommenden fünf Jahre werden. „Wir können uns keine fünf Jahre leisten, in denen Klimaschutz nicht ein prominenter Teil der Strategischen Agenda ist, während die Folgen der Klimakrise rasant ansteigen“, sagte Roche.