Mittels Maßbändern werden unter Wasser Flächen für eine Oberflächenaufnahme abgesteckt.
Kuratorium Pfahlbauten
Kuratorium Pfahlbauten
Traunsee

Taucher suchen Siedlung aus Bronzezeit

In den österreichischen Seen verbirgt sich das eine oder andere Fundstück aus längst vergangenen Zeiten. Nach einem Hinweis aus der Bevölkerung wird derzeit im oberösterreichischen Traunsee getaucht, denn dort könnte sich eine bronzezeitliche Siedlung verbergen.

In den 1980er Jahren wurde die Flachwasserzone im Traunsee, die im Gemeindegebiet Altmünster liegt, schon einmal abgesucht – damals ohne Erfolg. Ein Hinweis eines anonymen Sammlers brachte die Forscherinnen und Forscher nun aber auf die richtige Spur.

„Wir haben Informationen bekommen, wo etwas gefunden wurde, und da gehen wir jetzt wieder hinein und schauen noch genauer mit verschiedenen wissenschaftlichen Methoden nach“, so die Unterwasserarchäologin Helena Seidl da Fonseca vom Kuratorium Pfahlbauten gegenüber science.ORF.at.

Seit einer Woche wird bereits getaucht. Eine weitere Woche soll das Projekt noch dauern, das vom Verein ArcheKult gemeinsam mit dem Kuratorium Pfahlbauten und der Universität Innsbruck ins Leben gerufen wurde.

Urgeschichtliche Keramik aus dem See

Dass sich die Suche durchaus lohnen könnte, zeigte sich schon bei einem Besichtigungstauchgang im vergangenen September. „Wir waren dort und haben recht viel Keramik gefunden, die urgeschichtlich ist und höchstwahrscheinlich aus der Bronzezeit stammt“, erzählt Seidl da Fonseca.

Mit Bohrungen, Oberflächenaufnahmen und anderen archäologischen Maßnahmen sucht das Team nun das Gebiet um einen Steinhügel ab. Schon in den ersten Tagen des Projekts gab es weitere Funde. „Wir konnten mehr Steinsetzungen finden in allen Himmelsrichtungen, die wir uns noch genauer anschauen wollen. Aber wir haben jetzt auch schon Oberflächenaufnahmen um den Steinhügel herum gemacht und dort weitere Keramikstücke gefunden.“

Die Fundstelle muss vom See aus mit dem Forschungsboot angefahren werden, da sich am Ufer das Naturschutzgebiet Hollereck befindet
Kuratorium Pfahlbauten
Die Fundstelle muss mit dem Forschungsboot angefahren werden, weil sich am Ufer das Naturschutzgebiet Hollereck befindet

Fundstelle in schlechtem Zustand

Da die Flachwasserzone im Sommer ein beliebter Badeort ist und auch Schiffe immer wieder dort ankern, ist die Fundstelle mittlerweile in einem recht schlechten Zustand. Auf den Keramikscherben fanden die Forscherinnen und Forscher etwa Schleifspuren von Ankern. „Das erschwert unsere Arbeit natürlich, aber wir versuchen einfach, die noch erhaltenen Fundstücke rauszuholen, um dann hoffentlich bald noch mehr Informationen über ihr Alter und ihren Ursprung zu bekommen“, so die Unterwasserarchäologin. Die genaue Datierung der urzgeschichtliche Keramikscherben ist schwierig – die Forscherinnen und Forscher waren bisher auf Vergleiche mit Keramikfunden aus anderen Gebieten angewiesen.

Wissenschaft begegnen

Am 1. Mai 2024 gibt es für alle Interessierten die Gelegenheit, mit den Forscherinnen und Forschern direkt in Kontakt zu treten. Im Ausstellungsraum des Vereins ArcheKult in Traunkirchen stehen sie von 14:00 bis 17:00 Uhr für Gespräche bereit und berichten über ihre Funde.

Das könnte sich nun jedoch ändern, denn das Tauchteam machte in den vergangenen Tagen eine weitere Entdeckung. „Wir haben zwei alte Pfähle gefunden. Das ist sehr spannend, weil wir dadurch auch die Möglichkeit haben, naturwissenschaftliche Analysen zu machen – das heißt wir können dieses Holz radiokarbondatieren und dann bekommen wir ein ganz präzises Datum zu dieser Fundstelle.“ Auch die Pfähle sind nicht mehr im besten Zustand – für genauere Analysen im Labor sind sie aber durchaus noch geeignet.

Siedlung aus der Bronzezeit möglich

Der kürzliche Fund der Pfähle und mehrerer Steinhaufen am Seegrund lasse auch die Vermutung zu, dass dort noch weitere Strukturen erhalten sind. „Es könnte sich sogar um eine ganze Siedlung aus der Bronzezeit handeln“, so die Unterwasserarchäologin. Falls das tatsächlich der Fall ist, könnten weitere Funde mehr über das bronzezeitliche Leben in der Region und die damaligen Menschen verraten.

Die Siedlung stand damals vielleicht am Seeufer und ging im Laufe der Zeit unter. „Zwei Pfähle sind natürlich noch nicht genug, um tatsächlich von einer kompletten Siedlung zu sprechen, aber die Hoffnung auf weitere Funde besteht.“

Durch Bohrungen unter Wasser wird in den Seeboden geblickt und nach urgeschichtlichen Kulturschichtresten in den Sedimenten gesucht
Kuratorium Pfahlbauten
Durch Bohrungen unter Wasser wird in den Seeboden geblickt und nach urgeschichtlichen Kulturschichtresten gesucht

Funde melden

Dass die Forscherinnen und Forscher auf die Fundstelle im Traunsee aufmerksam wurden ist der Zusammenarbeit mit dem Verein ArcheKult zu verdanken. „Ganz viele Fundstellen sind überhaupt nur bekannt, weil es Leute gibt, die interessante Strukturen in ihrer Gegend oder zufällige Funde melden“, so Seidl da Fonseca. Der Traunsee sei dabei auch bestimmt kein Einzelfall – die Expertin vermutet, dass es noch in vielen anderen österreichischen Seen einiges zu untersuchen gibt. Dabei sei es wichtig, mit modernen Methoden der Archäologie möglichst zerstörungsfrei zu arbeiten.

Allen Personen, die auf Spaziergängen oder sogar beim Tauchen potenziell urgeschichtliche Gegenstände finden, rät die Unterwasserarchäologin jedenfalls, die Funde zu melden. „In Österreich gibt es eine Meldepflicht – man wendet sich dann am besten an das Bundesdenkmalamt, die Bezirksverwaltungsbehörde oder die nächstgelegene Polizeistelle.“ Institutionen wie der Verein ArcheKult oder das Kuratorium Pfahlbauten können bei der Durchführung der Fundmeldungen helfen.