Mars
dpa/ESA/ESOC
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„Intercropping“

Paradeiser können auf dem Mars gedeihen

Unterschiedliche Pflanzen im selben Topf zu züchten kann dazu führen, dass sie schneller wachsen. Schon die Maya machten sich das zunutze, künftig könnte aber auch die Raumfahrt von der alten Anbaumethode profitieren. Eine aktuelle Studie zeigt, dass damit unter anderem Paradeiser im Weltall gedeihen könnten – und das sogar in der sehr unwirtlichen Umgebung des Mars.

Für die weitere Erkundung des Weltalls werden in naher Zukunft Stützpunkte auf anderen Planeten nötig – anfangs auf dem Mond und irgendwann sogar auf dem Mars. Das wirft schon jetzt Fragen über die Versorgung der künftigen Mond- und Marsbewohner auf, denn Lebensmittel ausschließlich mithilfe von Raketen auf andere Planeten zu transportieren, ist keine Option: Frische Nahrungsmittel würden schon auf dem langen Weg verderben und jedes zusätzliche Kilo in den Raketen ist mit sehr hohen Transportkosten verbunden.

Ein Forschungsteam um die niederländische Astrobiologin Rebeca Gonçalves von der Universität Wageningen suchte nun nach einem möglichst ertragreichen Weg, Obst und Gemüse direkt auf den fremden Planeten anzubauen. Besonders interessiert waren die Forscherinnen und Forscher dabei am Gemüseanbau auf dem unwirtlichen Mars. „Es gibt dort kaum Platz noch Energie, um Lebensmittel in den künftigen Stützpunkten anzubauen und auch die Nährstoffe im Marsboden fehlen. Die Ressourcen sind insgesamt einfach sehr limitiert“, erklärt Gonçalves gegenüber science.ORF.at.

Pflanzen unterstützen sich gegenseitig

In der Studie, die das Team derzeit im Fachjournal „PLOS One“ präsentiert, untersuchten die Forscherinnen und Forscher die potenziellen Vorteile des „intercroppings“. Mehrere verschiedene Pflanzenarten werden dabei zur gleichen Zeit in denselben Topf gepflanzt – abhängig davon, wie gut die Pflanzen zueinander passen, sollen sie sich dann ohne große Eingriffe von außen gegenseitig unterstützen, schneller wachsen und mehr Ertrag produzieren.

„Das ist keine neue Methode. Schon die Maya haben diese Technik genutzt, um auf recht kleinem Raum mehr Nahrung zu produzieren – in der modernen Landwirtschaft ist das ‚intercropping‘ aber im Laufe der Zeit wieder ein bisschen in Vergessenheit geraten“, so Gonçalves. Der Grund: Die in der heutigen Landwirtschaft genutzten Maschinen kommen laut der Astrobiologin mit Monokulturen deutlich besser zurecht als mit Mischkulturen.

Unabhängige Selbstversorgung

Auf anderen Planeten könnte „intercropping“ aber durchaus Vorteile bieten. „Wenn wir tatsächlich langfristig auf dem Mars überleben wollen, brauchen wir Systeme, die so weit wie möglich unabhängig von den Lieferungen der Erde sind – die künftigen Marsbewohner müssen sich selbst versorgen können.“

Die Forscherinnen und Forscher wollten klären, ob Erbsen, Karotten und Paradeiser auf dem Mars besser wachsen, wenn man sie gemeinsam anbaut. Dafür nutzte das Team drei verschiedene Untergründe – von gewöhnlicher Erde, über nährstoffarmen Sand bis hin zu für den Gemüseanbau eigentlich unbrauchbaren Regolith, das dem Marsboden nachempfunden wurde.

Vielversprechende Ergebnisse

Die drei verschiedenen Pflanzenarten wurden vom Forschungsteam nicht zufällig ausgewählt. „Wir haben gehofft, dass die Paradeiser und Karotten von den Erbsen profitieren, weil Hülsenfrüchte mithilfe von bestimmten Bakterien im Boden Stickstoff produzieren, der dann anderen Pflanzen als Nährstoff dient“, erklärt die Astrobiologin.

In der normalen Erde und dem Sand profitierten die drei Pflanzenarten von der Anbaumethode – im Marsregolith war das hingegen nur bei den Paradeisern der Fall. Bei ihnen kam es zwar fast zur doppelten Ertragsmenge verglichen mit einer Monokultur im Regolith, sowohl die Erbsen als auch die Karotten wuchsen jedoch schlechter. Laut Gonçalves liegt das vermutlich an fehlenden Bakterienkulturen im Marsboden. Sie sieht in dem Ergebnis aber trotzdem einen vielversprechenden Erfolg, denn mit der Zugabe bestimmter Bakterien und ein paar wenigen weiteren Anpassungen hält es die Astrobiologin für sehr wahrscheinlich, dass künftig auch andere Obst- und Gemüsesorten im Marsboden gedeihen könnten.

Für das „intercropping“ auf dem Mars müssten die Astronautinnen und Astronauten künftig nur ein paar Pflanzensamen und eine geringe Menge an Bakterien zum Planeten bringen, was auch die damit verbundenen Kosten relativ geringhält. „Sowohl die Pflanzensamen als auch die Bakterien kann man dann wahrscheinlich einfach vor Ort vervielfachen.“

Landwirtschaft im Lavatunnel

Ein weiteres Problem für die Nahrungsversorgung auf dem Mars könnte auch die kosmische Strahlung darstellen, die auf dem Planeten sowohl für Menschen als auch Pflanzen tödlich ist. Das Obst und Gemüse muss laut der Astrobiologin daher künftig entweder in speziell abgeschirmten Gewächshäusern wachsen, oder in großen Lavatunneln, die auf dem Mars sehr verbreitet sind. „Es gibt Überlegungen, ob die ersten Marskolonien nicht sowieso in solchen Lavatunneln stationiert sein werden, weil sie einen natürlichen Schutz vor der gefährlichen Strahlung bieten.“

Wie lange es noch dauern wird, bis mithilfe von „intercropping“ tatsächlich Obst und Gemüse auf dem Mars angebaut wird, ist laut Gonçalves derzeit noch schwer abzuschätzen. „Zuerst müssen wir uns einmal auf dem Mond niederlassen und das wird wahrscheinlich auch schon in den kommenden paar Jahren passieren.“ Die Astrobiologin möchte daher bald noch weitere Versuche mit der Anbaumethode starten und darin unter anderem auch den Monduntergrund simulieren, um auch den künftigen Mondbewohnern den Anbau von frischem Obst und Gemüse zu erleichtern.