Die Blutproben sind völlig ungefährlich, sagt Marko Poglitsch, der Geschäftsführer der Bioanalysefirma Attoquant. „Bevor sie tiefgefroren und per Spezialtransport nach Wien kommen, werden sie mit Chemikalien und Hitze behandelt, um sicherzustellen, dass keine aktiven Viren mehr in der Probe sind“, so der Biotechnologe gegenüber science.ORF.at.
Das Blut soll von Patienten aus einem Krankenhaus in Guangzhou stammen – einer Hafenstadt nördlich von Hongkong. Sie alle sind schwer am Coronavirus erkrankt und bekommen deshalb ein Medikament, das vom Wiener Biotechnologieunternehmen Apeiron entwickelt wurde. Das Medikament (APNO1) war vor Jahren erfolgreich bei der Bekämpfung der SARS-Infektion verwendet worden. Nun ist die Studie in Guangzhou angelaufen, die die Wirkung beim neuen Coronavirus untersucht, wie Apeiron in der Vorwoche mitteilte.
Mindestens ein halbes Jahr bis zum Einsatz
Derzeit suchen chinesische Kollegen in Guangzhou nach strengen Auswahlkriterien 24 Patienten und Patientinnen für die Studie, sie hat also noch nicht begonnen. Aber das werde sich schnell ändern, sagt Marko Poglitsch. Er rechnet damit, dass die Blutproben in fünf bis sechs Wochen dann nach Wien zu Attoquant kommen. Und zwar rund 200, denn den 24 Patienten wird zu verschiedenen Zeitpunkten des Krankheitsverlaufs Blut entnommen. „Die Analyse selbst geht schnell, das wird nicht länger als eine Woche dauern.“
Ö1-Sendungshinweis
Über das Thema berichten auch die Ö1-Journale, 3.3., 18:00 Uhr.
Links
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Nach dieser Woche soll sich herausstellen, wie gut das Medikament aus Wien wirklich funktioniert. Im Erfolgsfall würde eine größere Studie mit mehr Patienten folgen. Und dann würde es noch mindestens ein halbes Jahr dauern, bis das Medikament im großen Stil gegen das Coronavirus eingesetzt werden könnte.
Doppelte Wirkweise
Der Vorteil des Medikaments aus Wien: Im Gegensatz zu anderen Versuchen weltweit handelt es sich dabei um einen Wirkstoff, der in der Vergangenheit bereits auf Sicherheit und Verträglichkeit klinisch getestet wurde – er könnte also schneller in der Praxis eingesetzt werden. Konkret geht es um ein bestimmtes Enzym („ACE2“), das bei den Studien zum SARS-Virus vor einigen Jahren einen doppelten Nutzen zeigte. Zum einen verhindert ACE2, dass ein Virus in Körperzellen eindringen kann. Zum anderen hemmt das Enzym Entzündungen und lindert Symptome von schweren Lungenerkrankungen.
Ersteres ist auch beim neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 der Fall, sagt Marko Poglitsch. „In den vergangenen Wochen sind sehr viele Publikationen erschienen, die zeigen, dass das neue Coronavirus sogar noch stärker an ACE2 bindet als das SARS-Virus.“ Ob das Enzym auch die Symptome der Krankheit bekämpfen kann, ist noch unklar – und Gegenstand der aktuellen Untersuchungen. Marko Poglitsch von Attoquant ist jedenfalls sehr optimistisch, was das Potenzial des Medikaments betrifft.