Ein Mann gurgelt
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Coronavirus

„Gurgelmethode“ soll Probennahme erleichtern

Der übliche Nasen-Rachen-Abstrich zum Nachweis des Coronavirus mittels Wattestäbchen über die Nase kann eine unangenehme bis schmerzhafte Angelegenheit sein. Wiener Forscher präsentieren mit der „Gurgelmethode“ nun eine Alternative.

Tests zeigen ihnen zufolge, dass diese ebenso verlässlich funktioniert. Rund eine Minute gurgeln mit einer Lösung genüge, um eine Probe zu gewinnen, in der Tests das neuartige Coronavirus nachweisen können. In mehreren Versuchen haben Forscherinnen und Forscher von der „Vienna COVID-19 Diagnostics Initiative“ (VCDI) – einem Zusammenschluss von 21 Wiener Forschungsinstituten unter Leitung von Alwin Köhler von den Max Perutz Labs der Uni Wien und der Medizinuni Wien – bisher „keinen Nachteil“ gegenüber dem Nasen-Rachen-Abstrich (PCR-Test) entdeckt, wie der Molekularbiologe Michael Wagner erklärte.

Proben zu Hause selber gewinnen?

Ziel sei es auch, Forschung und Entwicklung in Richtung „smartere Tests“ zu betreiben. Die „Gurgelmethode“ eröffne neue Möglichkeiten zu Probenentnahme, zeigte sich der Professor für Mikrobielle Ökologie an der Universität Wien überzeugt. So können die Proben beispielsweise zu Hause selbst gewonnen werden. Vorstellbar ist, ein Päckchen mit allen für das Gurgeln notwendigen Dingen zu erhalten – die Probe wird verpackt, an einer Sammelstelle eingeworfen und dem Labor zur Untersuchung weitergeleitet.

Zu beachten sei dabei, dass beim Gurgeln Aerosole – sprich kleine Tröpfchen – entstehen können, durch die das Virus potenziell übertragen werden kann. „Das heißt, man sollte zum Beispiel nicht in der Arbeit neben dem Kollegen, sondern eher alleine zuhause oder im Freien gurgeln“, sagt Wagner. Bei der Gurgelflüssigkeit habe man es mit einer homogenen Lösung zu tun, in der sich das Virus auch länger nachweisen lässt. Man könnte sich daher vorstellen, dass etwa Personen in exponierten Berufen im Zeitverlauf immer wieder die eigenen, codierte Proben einfach im Becher selbst zum Testen bringen.

Für Testungen unter Risikogruppen

Wagner: „Jeder, der gurgeln kann, kann diese Beprobung machen.“ Das gilt auch für Kinder ab einem gewissen Alter, für die die Entnahme von Nasen-Rachen-Abstrichen besonders unangenehm ist. Der Ansatz sei zwar „keine Raketenwissenschaft“, aber „eine wichtige Ergänzung, vor allem für regelmäßige Testungen“ und Gruppen, bei denen man sonst auf Ressentiments oder andere Hindernisse trifft.

Im Rahmen der VCDI arbeite man außerdem gerade an neuen Methoden, um Arbeitsschritte beim Testen zu automatisieren, um so die Kapazitäten hochzuschrauben. Die Einrichtung könnte in absehbarer Zeit bis zu 4.000 Überprüfungen am Tag schaffen. „Wir sehen uns aber nicht als Konkurrenz für kommerzielle Anbieter“, betonte Wagner. Die Infrastruktur sei eher für Testungen unter Risikogruppen, im Bildungssystem oder bei Forschungsprojekten gedacht.

Entwickelt wurde der Ansatz von einem Team rund um Johannes Zuber vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien. Das Verfahren der VCDI wird über eine in Eigeninitiative entstandene Test-Pipeline am Vienna BioCenter in Wien-Erdberg abgewickelt, in der aktuell rund 2.000 PCR-Tests pro Tag durchgeführt werden können. Beteiligt sind unter anderem Institute der Universität Wien, der Medizinuni Wien, der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität für Bodenkultur.