Coronaviren unter dem Mikroskop
NIAID
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Rekonstruktion

Infektionskette in einem Krankenhaus

Mit ungenügenden Schutzmaßnahmen kann sich SARS-CoV-2 in einem Krankenhaus rasch ausbreiten. Die bisher genaueste Beschreibung, wie das vor sich geht, haben nun Forscher in Südafrika geliefert: Das Virus breitete sich demnach in erster Linie über das Personal und medizinische Geräte aus.

Am 9. März kam ein Patient, der kurz davor aus Europa zurückgereist war, ins private St. Augustin Krankenhaus in Durban, einer Küstenstadt im Osten von Südafrika. Er zeigte Covid-19-ähnliche Symptome und blieb nur wenige Stunden im Spital – lange genug aber, um eine andere, ältere Patientin im gleichen Bereich der Notfallabteilung anzustecken. Das ist der Beginn der bisher genauesten Rekonstruktion einer Infektionskette innerhalb eines Krankenhauses, das nun Forscher auf der Website des St. Augustin Krankenhauses vorgestellt haben.

Es lag am medizinischen Personal

Die ältere Patientin, sie war wegen eines Schlaganfalls in der Notambulanz, bekam am 13. März Fieber und steckte vermutlich die erste Mitarbeiterin des Spitals an – eine Krankenschwester, die vier Tage später ebenfalls Symptome zeigte. Auch vier Patienten dürfte die ältere Patientin angesteckt haben, darunter eine 46-jährige Asthmatikerin – die später ebenso starb wie die Schlaganfallpatientin. Danach ging es Schlag auf Schlag: Bis Ende April steckten sich fast 120 Patienten und Krankenhausmitarbeiter an, 15 von ihnen starben – die meisten von ihnen ältere Personen mit Vorerkrankungen.

Generell hätten die Patientinnen und Patienten bei den Infektionen eine weit geringere Rolle gespielt als die Ärzte, Ärztinnen und das Pflegepersonal. „Wir denken, das Virus verbreitete sich vor allem über deren Hände und gemeinsam genutzte Geräte wie Fieberthermometer, Blutdruckmess-Manschetten und Stethoskope“, sagt der Infektiologe und Studienleiter Richard Lessells. Wie er gegenüber der Fachzeitschrift „Science“ betonte, gab es keine Hinweise auf eine nennenswerte Übertragung über die Luft.

Ideale Bedingungen für Rekonstruktion

Laut Lessells habe es in dem Fall „ideale Bedingungen“ gegeben, um die Infektionskette an einem Krankenhaus zu rekonstruieren. Während es Anfang März in Europa bereits zu viele Fälle gab, konnte man den Eintritt des Virus in das St. Augustin Spital eindeutig auf einen ersten Patienten zurückführen. Der erste importierte Coronavirus-Fall wurde in Südafrika am 6. März dokumentiert, nur drei Tage vor dem St.-Augustin-Patienten. Das mache es unwahrscheinlich, dass sich dieser woanders angesteckt habe. Erbgut-Untersuchungen von 18 Coronavirus-Infizierten in dem Sptial bestätigten den gleichen Ursprung des Erregers.

Wie die Forscher betonen, handle es sich bei der Studie um keine Suche nach Schuldigen, sondern um eine wissenschaftliche Aufarbeitung samt hygienischer und organisatorischer Verbesserungsvorschläge. Diese seien mittlerweile alle befolgt worden.