Ein Arzt zeigt im Vivantes Klinikum Neukölln auf das Röntgenbild einer Lunge
APA/dpa/Silas Stein
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Tirol: Lungenschäden vermutlich behebbar

Wie eine Zwischenbilanz einer laufenden Untersuchung aus Innsbruck zeigt, kann eine COVID-19-Erkrankung die Lunge noch lange belasten. Die vorerst gute Nachricht: Aktuelle Therapien scheinen auch ernstere Lungenschäden beheben zu können.

Tirol war im März besonders stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen. Allen voran die Region um Ischgl sowie die Tiroler Landeshauptstadt. Um mögliche Langzeitschäden rechtzeitig zu erkennen, werden in einer aktuell laufenden Untersuchung in diesen Regionen erfolgreich behandelte Patienten an der Uniklinik Innsbruck weiterhin beobachtet.

Von den bisher 80 untersuchten Patienten und Patientinnen – Durchschnittsalter 50 Jahre – hatten mehr als die Hälfte auch sechs Wochen, nachdem sie aus dem Spital entlassen wurden, immer noch Beschwerden, wie die Mediziner Judith Löffler-Ragg und Ivan Tancevski von der Uniklinik Innsbruck nun berichten. „Die häufigsten Symptome betreffen die Atmung, manche können also nicht richtig durchatmen oder sie kommen bei Belastung wie schnellerem Gehen oder leichter sportlicher Aktivität sehr rasch außer Atem“, erklärt der Lungenmediziner Tancevski. Darüber hinaus fühlen sich einige weiterhin abgeschlagen, antriebslos, manche schmecken oder riechen immer noch weniger. In seltenen Fällen leiden die Patienten weiterhin unter Schlafstörungen und Husten.

Schatten auf der Lunge

Noch sind nicht alle CT-Bilder genau analysiert. Etwa die Hälfte der Aufnahmen zeige aber leichte Veränderungen in der Lunge, so Tancevski. Sie sind als Schatten auf den Bildern erkennbar, im Fachjargon spricht man von sogenannte Milchglasverschattungen. Sie tauchen vor allem dort auf, wo zuvor die Lunge besonders entzündet war und deuten zunächst auf einen normalen Heilungsprozess hin. „Diese Schatten entstehen durch Entzündungszellen, die vor Ort noch Aufräumprozesse durchführen. Dabei tritt etwas Gewebsflüssigkeit aus, die man dann im CT sieht.“

Bei schweren Lungenentzündungen kann diese Reaktion des körpereigenen Aufräumtrupps zu intensiv sein, wodurch Gewebsnarben und weiter Lungenfibrosen entstehen können. Bisher weisen nur die wenigsten leichte Vernarbungen in der Lunge auf, so Tancevski. „Diese Patienten kommen vorwiegend aus der Gruppe der Intensivpatienten, wo wohl durch die künstliche Beatmung sowie durch die Schwere der Erkrankung ein stärkerer Lungenschaden entstanden ist.“

Die gute Nachricht ist allerdings, dass selbst schwer betroffene Patienten vorerst gut auf eine Lungen- und Herzrehabilitation reagieren, berichtet Tancevski. „Als die Patienten entlassen wurden, war ihre Lungenfunktion nur mäßig gut. Im Rahmen einer sehr guten Rehabilitationstherapie hat sich diese dann massiv verbessert. Insgesamt sind das glücklicherweise erfreuliche Verläufe bisher.“

Klarheit erst in einigen Wochen

Tancevski ist zuversichtlich, dass die Schatten und Narben langfristig mit der richtigen Behandlung vollständig verschwinden und sich die Lungen wieder ganz erholen werden. „Das ist die Hoffnung. Definitive Aussagen über mögliche Langzeitschäden wird man aber erst drei bis sechs Monate nach Entlassung treffen können“, so der Mediziner.

Grundsätzlich warnt er, dass langanhaltende Beeinträchtigungen der Lunge auch bei Patienten mit sogenannten leichten Verläufen häufiger vorkommen können als bisher angenommen. So sind an der Studie auch Betroffene beteiligt, die vergleichsweise jung und sportlich sind und ihre Erkrankung zu Hause mit hohem Fieber und Husten auskurieren konnten. Auch sie klagten sechs, acht Wochen später noch über Atemnot beim Sport, fühlten sich weiter abgeschlagen oder hatten leichten Husten. Auf ihren CT-Bildern waren Milchglasverschattungen erkennbar.

„Sie hatten also vermutlich eine schwerere Lungenentzündung, als gedacht. Wenn jemand im Zeitraum zwischen Anfang März und Mitte April mit Fieber und Husten zu Hause gelegen hat und nach wie vor Beschwerden hat, dann sollte man einen Lungenfacharzt aufsuchen und auch großzügig eine CT-Untersuchung durchführen zu lassen.“ Allenfalls könnte nämlich auch hier eine Atemphysiotherapie bzw. eine bestimmte medikamentöse Behandlung notwendig sein, so Tancevski.