Delfin jagt mit Schneckenhaus
Sonja Wild – Dolphin Innovation Project
Sonja Wild – Dolphin Innovation Project
Verhalten

Wie Delfine neue Jagdtricks lernen

Delfine erlernen neue Techniken zum Beutefang nicht nur von ihren Müttern, sondern auch von anderen Artgenossen. Das zeigt eine Studie an mehr als 1.000 Tümmler in der westaustralischen Shark Bay. Sie verhalten sich damit ähnlich wie Menschenaffen.

Die Tiere wenden teils außergewöhnliche Techniken an, um an Futter zu gelangen. Eine davon ist das sogenannte „Shelling“, wie die Universität Zürich in einer Aussendung zur Studie in „Current Biology“ schreibt. Bei dieser Jagdtechnik nützt es den Beutetieren auch nichts, wenn sie sich im leeren Gehäuse einer Riesenschnecke verstecken. Denn die Delfine befördern das Schneckenhaus mit ihrem Schnabel an die Wasseroberfläche und schütteln sich dort die Beute einfach ins Maul.

Solche Techniken werden normalerweise von den Delfinmüttern an ihre Kälber weitergegeben, was man als vertikale Übertragung bezeichnet. Bisher ging man davon aus, dass Delfine nur auf diese Weise neue Methoden zur Futterbeschaffung erlernen können. Wie Michael Krützen vom Anthropologischen Instituts der Uni Zürich und sein Team nun feststellen konnten, breitete sich das „Shelling“ zum Fangen von Fischen in erster Linie innerhalb einer Generation aus und nicht zwischen zwei Generationen.

An neue Bedingungen anpassen

„Unsere Ergebnisse liefern den ersten Beweis, dass Delfine auch fähig sind, als erwachsene Tiere direkt von ihren Artgenossen zu lernen und nicht nur von ihren Müttern“, so Krützen in der Aussendung. Das zeige, dass das kulturelle Verhalten von Delfinen und anderen Zahnwalen jenem von Menschenaffen noch viel ähnlicher sei, als man bisher dachte. Von Gorillas und Schimpansen weiß man, dass sie neue Verhaltensweisen zur Futtersuche auf beide Arten lernen. Zahnwale und Menschenaffen sind langlebende Säugetiere mit großen Gehirnen, die über zahlreiche Fähigkeiten zur Innovation und zur Weitergabe von kulturellen Verhaltensweisen verfügen.

Die Erkenntnisse erweitern auch das Verständnis dafür, wie sich die Tiere an veränderte Umweltbedingungen anpassen können. Wenn sie in der Lage sind, von anderen Artgenossen zu lernen, ermöglicht dies eine raschere Verbreitung neuer Verhaltensweisen. Das „Shelling“ steht möglicherweise im Zusammenhang mit einer Hitzewelle Anfang 2011. Damals verendete eine große Zahl von Fischen und wirbellosen Tieren in der Shark Bay. Dieser Beuteschwund könnte die Delfine dazu veranlasst haben, neues Verhalten zur Nahrungssuche von ihren Gefährten zu übernehmen. Außerdem hatten die Delfine durch den Überfluss leerer Riesenschneckenhäuser, mehr Übungsmöglichkeiten.