Raumstation ISS: das japanische Modul Kibo
JAXA/NASA
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EXperiment

Bakterien überleben Flug im Weltraum

Japanische Forscher haben Mikroben drei Jahre lang im Weltraum ausgesetzt – und dann erfolgreich wiederbelebt. Das Experiment liefert neuen Stoff für eine alte Hypothese: Stammt das Leben auf der Erde aus dem All?

Die Entstehung des Lebens auf der Erde ist nach wie vor ein Mysterium. Zwar ist es nicht so, dass es keine Modelle dazu gäbe. Manche Forscher gehen davon aus, dass die ersten Urformen aus RNA entstanden sind, andere betrachten Membranen mit einem Peptid-Stoffwechsel als Keim des Lebens. Wieder andere sind der Ansicht, dass das genetische Urmaterial einst aus Mineralien bestand – und erst später von den Nukleinsäuren abgelöst wurde. Doch all die Theorien liefern bloß Stückwerk. Und ein definitives Experiment, das der einen oder anderen Variante den Vorzug geben würde, ist nicht in Sicht. Leben im Labor hat bisher noch niemand erzeugt.

Experiment in Raumstation

Angesichts dieser Unwägbarkeiten verlagern manche Forscher das Problem nach „da draußen“. Laut der sogenannten Panspermie-Hypothese könnte das Leben gar nicht auf der Erde entstanden, sondern durch Kometen oder Asteroiden hierher gelangt sein.

Bewiesen ist dieses Szenario freilich ebenfalls nicht, doch ein Experiment von Akihiko Yamagishi liefert der alten Hypothese nun Aufwind. Der Astrobiologe von der Tokyo University of Pharmacy and Life Sciences hat Bakterien an der Außenseite der Raumstaion ISS bis zu drei Jahre lang den lebensfeindlichen Bedingungen im Weltraum ausgesetzt und danach den Zustand der Zellen im Labor untersucht.

Japnaischer Astronaut an Bord der ISS
JAXA/NASA
Experiment gelungen: Die Versuche wurden im ISS-Modul ExHAM durchgeführt

Resultat: Ein Teil der Bakterien der Gattung Deinococcus überlebte den Härtetest, entscheidend dafür dürfte neben ihrer grundsätzlichen (und im Experiment schon oft unter Beweis gestellten) Robustheit die Fähigkeit zur Koloniebildung sein. Wie Yamagishi im Fachblatt „Frontiers in Microbiology“ schreibt, waren die Bakterien an der Oberfläche der Kolonien abgestorben, jene im Inneren erfreuten sich indes bester Gesundheit.

“Überstehen Flug zum Mars“

Die Zellaggregate bieten offenbar wirksamen Schutz vor Strahlung, je mehr Bakterien vorhanden sind, desto besser: Laut Yamagishis Berechnungen könnte eine 0,5 Millimeter große Kolonie zwischen 15 und 45 Jahre an der Außenseite der ISS überleben; in den Weiten des Weltraums, wo die Bedingungen noch brutaler sind, wäre eine ein Millimeter große Kolonie immerhin acht Jahre überlebensfähig. „Das legt nahe, dass Deinococcus auch eine Reise von der Erde zum Mars oder in die Gegenrichtung überstehen könnte“, sagt Yamagishi.

Konzeptuell bietet die Studie jedenfalls neues Futter für die Panspermie-Hypothese, denn bisher gingen Forscher davon aus, dass sich Bakterien oder andere einfache Lebensformen in den Hohlräumen von Himmelskörpern vor der kosmischen Strahlung verbergen müssten, um längere Passagen im Weltraum zu überstehen. Das ist laut Yamagishis Experiment nicht unbedingt notwendig, im Verbund – der japanische Biologe nennt diese Variante „massapanspermia“ – schützen sich die Bakterien gegenseitig. Eine Schwäche hat die Hypothese allerdings. Sollte der Keim des Lebens auf der Erde tatsächlich aus dem Weltraum stammen, wäre der Ursprung der Naturgeschichte zwar neu verortet – aber immer noch ungeklärt.