Kinder würden über eine Art Superkraft im Gehirn verfügen, wie es ein Team um Elizabeth Newport von der Georgestown University plastisch ausdrückt. Während Erwachsene verschiedene neurologische Aufgaben in bestimmten Arealen in einer der beiden Gehirnhemisphären verarbeiten, verwenden Kinder für die gleichen Aufgaben beide.
Für die soeben in der Fachzeitschrift „PNAS“ erschienene Studie (sobald online) haben die Forscherinnen und Forscher untersucht, wie sich die Sprachverarbeitung im Lauf der Jahre verändert. Sie verglichen mithilfe von Magnetresonanztomographie (MRT) gemachte Bilder von 39 Kindern im Alter von vier bis 13 Jahren mit solchen junger Erwachsener. Zwar zeigten schon sehr junge Kinder im Gruppenschnitt bei Sprachaufgaben eine stärkere Aktivierung ihrer linken Gehirnhälfte, viele der jüngsten aber auch eine analoge auf der rechten Seite – und zwar in einem Areal, das bei Erwachsene ganz andere Funktionen hat, etwa die Verarbeitung von Emotionen, die durch Stimmen ausgedrückt werden. Bei Kindern scheint es so zu sein, dass beide Gehirnhälften sowohl die Bedeutungs- als auch die Gefühlsebene von Sprache verarbeiten.
Bei noch jüngeren Kindern würde sich diese Tendenz vermutlich noch stärker zeigen, mutmaßen die Forscherinnen und Forscher. Die Flexibilität des Gehirns sei besonders bei etwaigen Verletzungen wichtig. „Der Gebrauch beider Gehirnhälften erleichtert die Heilung“, sagt Newport in einer Aussendung. Sollte etwa die linke Gehirnhälfte bei einem Schlaganfall kurz nach der Geburt beschädigt worden sein, kann ein Kind Sprachen mit der rechten Gehirnhälfte lernen. Ist bei zerebraler Kinderlähmung die eine Hälfte beschädigt, kann die andere Gehirnhälfte die Aufgaben übernehmen. Unsere Studie zeigt, wie das möglich ist.“