Absichtliche Infektionen für Impfstofftests geplant

In London sollen einem Bericht zufolge im nächsten Jahr Menschen für Impfstofftests absichtlich mit dem Coronavirus infiziert werden. Einige Wochen zuvor soll ihnen ein potenzieller Impfstoff verabreicht werden – eine sehr umstrittene Praxis.

Man arbeite mit Partnern zusammen, um mithilfe von „Human Challenge“-Tests die Entwicklung von Impfstoffen zu beschleunigen, bestätigte ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur in London einen „Financial Times“-Bericht.

Umstrittene Praxis

„Human Challenge Trials“ – so lautet der englischsprachige Fachbegriff – haben den Vorteil, dass die Wirksamkeit eines Impfstoffs unmittelbar festgestellt werden kann. Im Gegensatz dazu sieht das übliche Verfahren vor, oft Zehntausende Menschen zu impfen und dann zu schauen, ob sich weniger Menschen auf natürliche Weise infizieren als in einer ungeimpften Kontrollgruppe.

„Human Challenge Trials“ sind allerdings umstritten. Einige Forscherinnen und Forscher betonen den großen Nutzen, den solche Studien für eine ganze Gesellschaft haben könnten. Andere äußern ethische Bedenken und verweisen auf enorme gesundheitliche Risiken, die die Infektion mit einem in vieler Hinsicht noch unerforschten Erreger wie Sars-CoV-2 haben könnte.

Bereits 2.000 Freiwillige

Das federführend von dem Londoner Imperial College geleitete Projekt soll in der kommenden Woche offiziell vorgestellt werden und im Jänner beginnen. Dem Bericht zufolge handelt es sich dabei um die ersten Versuche dieser Art weltweit. Über die US-amerikanische Organisation 1DaySooner, die sich für solche sogenannten Challenge-Studien am Menschen stark macht, sollen sich bereits rund 2.000 Freiwillige für das Projekt gefunden haben. Bisher waren Pläne für solche Tests vor allem theoretischer Natur.

Etliche potenzielle Impfstoffe gegen das Coronavirus werden weltweit bereits getestet. Einige aussichtsreiche Vakzine befinden sich bereits in der wichtigen Testphase III, in der überprüft wird, ob das Mittel nicht nur verträglich, sondern auch tatsächlich wirksam ist.