Coronavirus

Wissenschaftler fordern harten Lockdown

Eine Gruppe von Universitätsprofessoren fordert schärfere Maßnahmen gegen die Coronavirus-Pandemie in Österreich. Der aktuelle „Lockdown light“ werde die Spitäler überlasten, deshalb sprechen sie sich u. a. für die Schließung aller Schulen aus – andere Experten widersprechen.

Es drohe eine „Katastrophe, … wo Ärzte Triage machen und PatientInnen unbehandelt sterben lassen müssen“, heißt es in einer Aussendung, die von vier Wittgenstein-Preisträgern unterzeichnet wurde. Mit dem Physiker Erich Gornik, dem Informatiker Georg Gottlob, dem Mathematiker Peter Markowich und dem Physiker Christoph Nägerl befindet sich kein Mediziner unter den Unterzeichnern.

Zwei Meter Abstand, Schulen schließen, Home-Office

Statt „Lockdown light“ fordern sie einen rigorosen Lockdown wie im Frühjahr und konkret, den Ein-Meter-Abstand auf Zwei-Meter zu erhöhen. „Mit einer Verdoppelung des Abstandes sinkt die Ansteckungswahrscheinlichkeit ungefähr auf ein Viertel“, schreiben die Forscher.

Außerdem empfehlen sie die sofortige Schließung aller Schulen. Schulen seien einer der Treiber von respiratorischen Viren; Studien, die das Gegenteil beweisen wollen, seien „methodisch falsch bzw. überholt“. „Alle, die jetzt gegen Schulschließung reden, müssen dazusagen, dass sie damit für Triage spätestens ab 18. November sind“, schreiben die Forscher.

Dritte zentrale Forderung ist es, die Betriebe runterzufahren und damit eine „Pflicht zu Home-Office“. Der Schaden für die Wirtschaft und für die Gesellschaft, inklusive der Kinder, werde mit jedem Tag eines „weichen“ Lockdown größer, schreiben die Forscher. Sie sind sicher, dass ein harter Lockdown kommen werde.

Bei Schule unterschiedliches Vorgehen in Europa

In Europa gibt es derzeit kein einheitliches Vorgehen in der Frage des Offenhaltens bzw. Schließens von Schulen. Grundsätzlich geöffnet halten die Schulen etwa in Deutschland, Frankreich, Spanien, Großbritannien, Schweden, der Schweiz und den Niederlanden.

Umgekehrt haben die tschechischen Schulen seit Mitte Oktober geschlossen, Slowenien und Polen schickten zunächst die älteren Schüler nachhause und ließen nun die jüngeren folgen. In Belgien wurden die Herbstferien bis Ende dieser Woche verlängert – ab nächster Woche soll aber wieder Unterricht stattfinden.

Österreich differenziert derzeit nach Altersstufe: So gibt es Distance Learning an den Oberstufenschulen und grundsätzlich Präsenzunterricht an den anderen Schulformen. Ähnlich ist es auch – noch – in Italien. In Griechenland und der Slowakei haben derzeit nur die Volksschulen geöffnet.

“Schulen als allerletzte schließen“

Dass es statt Schließungen auch noch andere Möglichkeiten gibt, das Übertragungsrisiko des Coronavirus an Schulen zu verringern, darauf hat der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien am Freitag in der Zeit im Bild 2 hingewiesen. Der Leiter des Coronavirus-Schulmonitorings nannte dabei etwa eine generelle Maskenpflicht an den Schulen, die „mikrobiologisch absolut sinnvoll“ sei. Weiters sei es wichtig, die Dichte in den Klassenzimmern zu verringern, also etwa Klassen zu verkleinern und teilweise vom Präsenzunterricht abzugehen, zumindest für jene Eltern, bei denen das möglich ist. Auch intensives Testen der Kinder mit Symptomen und ihrer Kontaktpersonen sei nötig.

Mikrobiologe zur Rolle der Kinder bei CoV-Infektionen

Nächste Woche soll entschieden werden, ob auch Unterstufe und Volksschulen auf Distance-Learning umgestellt werden. Welche Rolle spielen Kinder im Infektionsgeschehen? Dazu ist Mikrobiologe Michael Wagner von der Universität Wien zu Gast in der ZIB 2.

„Schulen sollten als allerletzte geschlossen werden“, so das Fazit des Mikrobiologen. Wenn es aber notwendig sein sollte, müsse sich die Gesellschaft jetzt schon überlegen, was zu tun ist, wenn die Schulen wieder geöffnet werden. „Das wird nur gehen, wenn jeder auf Treffen mit anderen in geschlossenen Räumen verzichtet. Wir können nicht die Schulen offenhalten wollen und gleichzeitig das Leben so laufen lassen, wie man es gewohnt ist. Vor allem nicht im Winter.“