HI-Virus (künstlerische Darstellung)
nobeastsofierce – stock.adobe.com
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Aids

Anti-HIV-Spritze als neue Chance

Mit täglich oral einnehmbaren Medikamenten kann eine HIV-Infektion gut behandelt werden. Eine neue Anti-HIV-Spritze könnte die Therapie noch verbessern. Sie muss nur alle ein bis zwei Monate injiziert werden, die Zulassung in der EU ist bereits empfohlen.

Seit Mitte der 1990er-Jahre stehen hoch wirksame antiretrovirale Medikamente bzw. Wirkstoffkombinationen zur Verfügung. Doch sie müssen täglich oral eingenommen werden, um die HIV-Viruslast im Körper am besten unter die Nachweisgrenze zu drücken und so die Schädigung des Immunsystems zu verhindern. Das stellt – nicht nur in vielen ärmeren Regionen der Welt mit fragilem Gesundheitssystem – eine Herausforderung dar.

Eine leichtere Einnahme wirksamer Aids-Medikamente könnte sowohl die Logistik der Versorgung der Betroffenen als auch ihre Therapietreue verbessern. In diesem Zusammenhang hat es vor kurzem eine potenziell wesentliche Neuerung gegeben: Am 16. Oktober hat ein Expertenausschuss der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) die Marktzulassung zweier injizierbarer HIV-Präparate empfohlen. Es handelt sich bei den Wirkstoffen um den Reverse-Transkriptasehemmer (NNRTI) Rilpivirin und um einen neuen sogenannten Integrasehemmer (Cabotegravir). Reverse-Transkriptase-Blocker hemmen das Umschreiben der RNA-Erbsubstanz in infizierten Zellen in eine DNA, Integrasehemmer blockieren den anschließenden Schritt des Einbaus der DNA in den Zellkern. Beides soll die Virusreplikation unterdrücken.

Alle zwei Monate Injektionen

Der Vorteil des neuen Therapiekonzepts liegt vor allem in der langen Wirksamkeit der Arzneimittel in Kombination. „Beide Medikamente werden monatlich oder alle zwei Monate intramuskulär injiziert. Zusammen bilden sie eine neue langwirksame antiretrovirale Therapie“, hieß es in der deutschen Pharmazeutischen Zeitung.

In der Behandlung einer HIV-Infektion könnten die Medikamente einen weiteren Schritt für eine zuverlässige Langzeit-Unterdrückung der Aids-Erreger darstellen. „Die Kombination der beiden Präparate ist zur Erhaltungstherapie von Erwachsenen vorgesehen, die mit ihrer derzeitigen antiretroviralen Behandlung nicht nachweisbare HIV-Spiegel im Blut (Viruslast weniger als 50 Kopien/Milliliter Blut; Anm.) aufweisen und bei denen das Virus nicht gegen NNRTI oder Integrase-Hemmer resistent ist.“, schrieb die deutsche Apothekerzeitung. Die langfristige Unterdrückung der Viruslast führt auch dazu, dass es zu keinen weiteren Infektionen mit HIV kommen kann.

Wirkt auch vorbeugend

Die Therapie ist aber nur ein Punkt. Mit Cabotegravir könnte nämlich auch eine wirksamere Möglichkeit zur medikamentösen Prophylaxe neuer Infektionen mit dem Aids-Erreger zur Verfügung stehen. Erst vor kurzem wurden die Ergebnisse einer klinischen Studie mit 3.200 Frauen im Alter zwischen 18 und 45 Jahren in Botswana, Kenia, Malawi, Südafrika, Uganda und Zimbabwe publiziert. Verglichen wurde die tägliche Einnahme von oralen Medikamenten zur Verhinderung einer HIV-Infektion und eine Injektion mit Cabotegravir alle zwei Monate.

Die Ergebnisse wurden von UNAIDS als großer Erfolg gefeiert: „Die Studie zeigt, dass lang wirksame Injektionen zur Verhinderung von HIV bei Frauen im südlichen Afrika um 89 Prozent wirksamer als die tägliche Tabletteneinnahme war“, schrieb die Organisation.

Könnte „Game Changer“ sein

Die wissenschaftliche Untersuchung war wegen des sich abzeichnenden großen Erfolges frühzeitig abgebrochen worden. In der Gruppe der Frauen, die eine Prophylaxe in Tablettenform eingenommen hatten, waren 34 Infektionen mit HIV registriert worden. In der Vergleichsgruppe mit den injizierbaren Medikament waren es nur vier Fälle.

„Diese Ergebnisse sind von größter Bedeutung. UNAIDS hat seit langem zusätzliche von den Menschen auch angenommene und wirksame Möglichkeiten zur HIV-Prävention gefordert. Das hier könnte ein ‚Game Changer‘ sein“, erklärte UNAIDS-Generaldirektorin Winnie Byanyima. „Wenn Geber und Staaten jetzt in die Gewährleistung des Zugangs zu der injizierbaren Prophylaxe für Frauen mit einem höheren Risiko für eine HIV-Infektion investieren würden, könnte die Zahl neuer Infektionen dramatisch reduziert werden.“