„Zwar behaupten viele der Staatschefs, dass ihre Politik auf dem Rat von Wissenschaftlerinnen und Experten für öffentliche Gesundheit beruht. Aber es zeigt sich, dass sie eher die Covid-19-Politik (…) politisch Gleichgesinnter nachmachen, als auf heimische Bedingungen zu reagieren“, sagt der US-Politikwissenschaftler Evan Mistur. Gemeinsam mit seinem Kollegen John Givens hat er das Phänomen in einer vor Kurzem erschienenen Studie empirisch untersucht.
Schnelles Nachahmen
In Modellen haben sie dabei eine Reihe von Daten kombiniert: u. a. sind darin die Coronavirus-Maßnahmen im Lauf der ersten sieben Pandemiemonate und die Stellung in einem Index nationalistischer Politik enthalten. Obwohl die Länder geografisch sehr weit auseinander liegen und sehr unterschiedliche politische Systeme haben – die Politologen zitieren etwa die USA Donald Trumps, Brasilien unter Bolsonaro und den Iran unter Ali Chamenei – sind ihre Antworten auf die Pandemie sehr ähnlich.
Es sei mit statistischer Signifikanz nachzuweisen, dass Länder mit überdurchschnittlichem Nationalismus ihre Maßnahmen ändern, wenn das einen Tag vorher ein anderer nationalistischer Staatschef getan hat. Dies gelte auch, wenn man andere Faktoren wie geografische Nähe, gemeinsame Grenzen oder Sozioökonomie abziehe.
Nicht unbedingt Links-Rechts
International sei das Phänomen nicht mit einem klassischen Links-Rechts-Schema zu erklären, schreiben die US-Politologen. Demokratisch gewählte konservative Regierungen – namentlich nennen sie u. a. Österreich – hätten ebenso erfolgreich mit Lockdowns reagiert wie sozialdemokratische. Das sozialistische Kuba sei viel besser durch die Krise gekommen als sein engster Verbündeter Venezuela.
Eindeutig nationalistische Politiker hingegen hätten langsamer und ähnlicher reagiert. Die Wirksamkeit der Maßnahmen haben sie nicht beurteilt, betonen die US-Politologen, sehr wohl aber deren Ausbreitung – und die lasse auf eine wachsende Zusammenarbeit nationalistischer Regierungen weltweit schließen.