Covid-19-Therapie

Welche Medikamente wann helfen

Menschen mit einer schweren Covid-19-Erkrankung zu behandeln ist eine Herausforderung: Selbst schwere Krankheitsverläufe unterscheiden sich symptomatisch, und die Ansatzpunkte der Therapie verschieben sich im Verlauf der Erkrankung. Sind zunächst antivirale Medikamente erfolgreich, werden dann Entzündungshemmer überlebenswichtig.

Fast 2.000 Menschen befinden sich derzeit wegen einer Covid-19-Erkrankung in Spitalsbehandlung, 340 davon auf der Intensivstation. Steht am Beginn der Krankheit die virale Infektion im Vordergrund, also die Vermehrung des Virus im Körper, sind es bei schweren Verläufen nach einigen Tagen ein überschießendes Immunsystem, Blutgerinnsel, Lungenversagen und zusätzliche bakterielle Infektionen.

Für die Intensivmedizin sei das eine große Herausforderung, sagt Bernhard Rössler, der im Wiener AKH eine Covid-Intensivstation leitet. „Wir sehen, dass bestimmte Medikamente demselben Patienten an einem Tag helfen können und am anderen nicht mehr, dann ist sozusagen der Zeitpunkt verstrichen und der Nutzen durch ein Medikament eben nicht mehr herstellbar“, so der Facharzt für Anästhesie und Intensivmedizin.

Immunsystem reagiert wie bei Blutvergiftung

Antivirale Medikamente wirken, wenn sie ganz früh eingesetzt werden, noch bevor Symptome auftreten. Sie verhindern, dass sich das Virus im Körper ausbreitet. Dazu zählen das Ebola-Medikament Remdesivir oder auch monoklonale Antikörper, deren Einsatz zumindest in den USA bereits genehmigt ist. Problem ist nur, zu diesem Zeitpunkt wissen meist weder Betroffene noch Mediziner, dass eine Infektion vorliegt.

Auf der Intensivstation müsse sich die Behandlung fast immer auf die überschießende Reaktion des Immunsystems konzentrieren, so Rössler. „Das Immunsystem reagiert, wie wir es auch bei einer schweren Sepsis, einer schweren Blutvergiftung sehen“, so der Intensivmediziner. Diese Immunantwort schade dem Körper, das gehe bis zum Organversagen.

Entzündungsprozesse in den Griff bekommen

Deswegen gehörten Kortikoide mittlerweile zur Standardtherapie, sagt Rössler. Das Kortison-ähnliche Dexamethason, das zum Einsatz kommt, hat eine stark antientzündliche Wirkung und senkt die Sterblichkeit auf der Intensivstation laut Studien um ein Drittel.

Vielversprechend findet Rössler Forschungsansätze aus der Rheumatologie, die sich mit Autoimmunerkrankungen und schweren Entzündungsprozessen beschäftigt. „Diese überschießende Reaktion des Immunsystems etwas kontrollieren zu können, da ist sicherlich noch Potential auch bei den schweren Verläufen drinnen“, so Rössler. Die Studien dazu laufen, Ergebnisse erwartet er in den nächsten Monaten.

Zweifel an Entwurmungsmittel

Als vielversprechender Ansatz wurde auch das Pferde-Entwurmungsmittel Ivermectin diskutiert, das das Eindringen des Sars-Coronavirus-2 in den Zellkern verhindern könnte. Im Labor in der Zellkultur sei dieser Ansatz erfolgreich, sagt Michael Freissmuth, Leiter des Instituts für Pharmakologie der Med Uni Wien.

„Wenn man sich allerdings ausrechnet, welche Dosen beim Menschen notwendig wären, kommen doch irgendwie Zweifel auf, ob dieses Ivermectein beim Menschen eingesetzt werden kann“, so Freissmuth. Auch den Cocktail monoklonaler Antikörper, der in den USA bereits zugelassen ist, hält der Pharmakologe nur für kurzfristig vielversprechend. Bei mutierten Viren könnten die schnell unwirksam werden. Er setzt auf eine hohe Durchimpfungsrate, um schwere Covid-19-Erkrankungen zu verhindern.